Haus aufräumen, Kontrolle behalten: Astronauten geben Corona-Tipps

Hunderte Millionen sind während Corona mit einer Situation
konfrontiert, die leicht überfordern kann. Astronauten wissen, wie es
sich anfühlt, von der Welt abgeschnitten zu sein - und geben
Wohlfühltipps.

Berlin/Paris/New York (dpa) - Die Not zur sprichwörtlichen Tugend
machen und positiv bleiben: Das raten die Einsamkeit gewöhnte
Astronauten ihren Mitmenschen angesichts der Corona-Krise. Der
Franzose Jean-François Clervoy verriet bei einer Videoschalte der
Initiative Asteroid Day und der Europäischen Weltraumorganisation
(Esa), dass er und seine Frau ihre Zeit während der
Ausgangsbeschränkung dazu nutzen wollten, das Haus aufzuräumen. Für
den deutschen Astronaut Alexander Gerst hängt dabei viel von der
Grundeinstellung ab: «Es ist sehr wichtig in solchen Zeiten, dass man
positiv nach vorne schaut».

Schließlich arbeite man international zusammen, helfe sich
gegenseitig aus, sagte Gerst. Man könne es als Chance sehen, eine
ungekannte Situation wie die aktuelle zusammen zu überstehen - daraus
könne man gewinnen. Die Menschen könnten sich jetzt auch fragen, wie
sie wohl in zehn Jahren zurückschauen werden. Man werde vielleicht
sagen: «Wir haben das Beste daraus gemacht, wir haben uns gegenseitig
geholfen.»

Gerst betonte in seinem Home-Office, es gebe durchaus ein sehr
wirkungsvolles Mittel, die Krankheit einzudämmen: zu Hause zu
bleiben. Damit habe man ein Stück Kontrolle über die Situation. Dies
ist auch für Gersts britischen Kollegen Tim Peake sehr wichtig: Auf
der ISS war sein Alltag zuerst komplett fremdbestimmt. Schlaf, Essen,
Arbeit und Sport seien rigide durchgeplant gewesen. Doch mit der Zeit
habe die Belegschaft im Außenposten der Menschheit die strikten
Regeln aufgelockert und sich damit ein Stück Freiheit zurückgeholt.

«Es ist sehr wichtig, dass Menschen fühlen, dass sie in der Lage
sind, etwas kontrollieren zu können», sagte der Brite, der ab 2015
auf der ISS war. Dies sei nun auch in der Coronavirus-Krise wichtig,
meinte Peake: «Ich denke, die Leute können das wirklich beherzigen
und eine positive Einstellung in dieser neuen Umgebung bekommen.»

Der ebenfalls zugeschaltete ehemalige Esa-Astronaut Thomas Reiter
sagte, es sei auch wichtig, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die
man verändern könne - und sich mit dem Unveränderlichen abzufinden.
Für eine Zeit in Quarantäne gab er den Tipp, Routinen zu folgen,
nicht in den Tag hinein zu leben.

Die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti rief dazu auf,
auch an diejenigen zu denken, die weniger Platz und Komfort hätten.
«Es macht einen großen Unterschied, ob Sie ein großes Haus haben oder

ob Sie eine Familie mit mehreren Kindern in einer zu kleinen Wohnung
ohne Balkon haben», sagte sie. Diese Menschen stünden jetzt
wahrscheinlich am meisten unter Stress.

Esa-Chef Jan Wörner schilderte, dass die Pandemie sogar aus dem All
sichtbar ist: Zum Beispiel habe man sich auf Aufnahmen die Schlangen
vor den Coronavirus-Untersuchungsstellen und die Staus an den Grenzen
angeschaut.