Eisdielen müssen schließen - Kommunalparlamente dürfen wieder tagen

Eine neue Verordnung soll die Regeln in der Corona-Krise landesweit
vereinheitlichen. Vieles bleibt beim Alten, Neuerungen gibt es aber
in Details. Inzwischen zählt Thüringen vier Tote im Zusammenhang mit
dem Coronavirus - und die Zahl der Infizierten steigt.

Erfurt (dpa/th) - Mit einer neuen Verordnung verbietet die Thüringer
Landesregierung nun auch den Straßenverkauf von Eis landesweit,
erlaubt aber Sitzungen der Kreise und Gemeinden. Fahrschulen wurden
in die Liste der Betriebe aufgenommen, die wegen der Corona-Krise
schließen müssen. Die Verordnung tritt am Freitag in Kraft, wie die
Thüringer Staatskanzlei am Donnerstag mitteilte. Sie ersetzt die erst
am Dienstag veröffentlichte Grundordnung und enthält diesmal auch die
Verbote und Schließungen von Geschäften und Läden, die bislang in
Erlassen geregelt waren.

Neu ist unter anderem, dass auch der Straßenverkauf von Eis untersagt
wird. Bisher mussten Eiscafés zwar schließen, der Straßenverkauf
blieb aber erlaubt. Diese Ausnahme wurde nun gestrichen. Auch Fahr-
und Flugschulen müssen nun dicht machen. Neuaufnahmen in
Eltern-Kind-Kurkliniken sind nicht mehr erlaubt.

Allerdings kamen auch neue Ausnahmen hinzu. In Thüringen dürfen sich
seit Mittwoch nur noch maximal zwei Menschen treffen, wenn sie nicht
zusammen in einem gemeinsamen Haushalt leben. Die neue Verordnung
erlaubt nun Medienvertretern «Aufenthalte im öffentlichen Raum zum
Zweck der Berichterstattung». Auch die Bewirtschaftung
landwirtschaftlicher, gartenbaulicher und forstwirtschaftlicher
Flächen ist gestattet. Sitzungen von Landkreisen und Gemeinden sowie
deren Verbänden sind dann erlaubt, «wenn die Erledigung einer
Angelegenheit nicht ohne Nachteil für die Gemeinde, den Landkreis
oder deren Verband aufgeschoben werden kann.»

Thüringens SPD-Fraktionschef Matthias Hey forderte Nachbesserungen im
Interesse von berufstätigen Eltern beim Infektionsschutzgesetz. Bei
den geplanten Änderungen dürften Eltern, die von Kindergarten- und
Schulschließungen betroffen sind, nicht stärker belastet werden,
erklärte Hey. Er sei besorgt, dass Eltern in diesen Fällen nur 67
Prozent ihres Einkommens erhalten sollen.

Das sei vor allem für Geringverdiener und Alleinerziehende zu wenig.
Diese Gruppe von Eltern müsse aufstocken - «das kann nicht im Sinne
des Arbeitnehmerschutzes sein», so der Vorsitzende der
SPD-Landtagsfraktion.

Kritisch sieht Hey zudem eine Regelung, wonach Homeoffice als «eine
zumutbare Betreuungsmöglichkeit» für Kinder angesehen werde. «Wer d
er
Meinung ist, Kinderbetreuung und Homeoffice sind leicht und ohne
weiteren Aufwand miteinander zu vereinbaren, hat entweder Homeoffice
oder Kinderbetreuung nicht vollständig verstanden.»

Das Gesetz fehle eine Regelung, wie Arbeitnehmer abgesichert würden,
wenn sie Verdienstausfälle haben, weil ihre Betriebe durch
behördliche Anordnung geschlossen werden. Dafür müsste es eine
bundesweit einheitliche Regelung geben, forderte Hey.

Derweil schreitet die Ausbreitung des Coronavirus in Thüringen weiter
voran. Bis Donnerstagvormittag wurden 512 Infizierte registriert.
Damit seien binnen 24 Stunden 89 Infizierte hinzugekommen, teilte die
Staatskanzlei mit. Bereits am Mittwoch stieg die Zahl der Todesfälle,
die in Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung gebracht werden,
landesweit auf drei. Am Donnerstag wurde ein vierter Fall gemeldet.
Bis Donnerstag galten fünf Menschen wegen einer Corona-Infektion als
schwer krank. Sie wurden in Kliniken behandelt.

Einer Schätzung des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz
zufolge gelten 80 Menschen in Thüringen, die sich mit dem Virus
infiziert hatten, inzwischen als genesen. Die meisten Corona-Fälle
gibt es mit 86 Infektionen im Landkreis Greiz, gefolgt von Erfurt mit
62, Jena mit 61 und dem Eichsfeld mit 38 Fällen.

Vor einer schwierigen Situation steht ein unter Quarantäne stehendes
Altenpflegeheim in Triptis (Saale-Orla-Kreis). Dort droht nach
Behördenangaben ein «dramatischer» Corona-Ausbruch. Inzwischen gebe
es drei bestätigte Infektionen bei Pflegekräften, teilte das
Landratsamt mit. Es sei davon auszugehen, dass auch Bewohner
infiziert seien. Diejenigen, die Symptome zeigten, seien getestet
worden - ein Ergebnis hierzu werde frühestens am Freitag erwartet.

In dem Heim leben 66 Senioren. Die Rettungsleitstelle in Saalfeld sei
vorgewarnt, hieß es. Über das weitere Vorgehen werde anhand der
Testergebnisse sowie des weiteren Krankheitsverlaufs entschieden.
Krankheitssymptome seien bisher aber nur in einer der drei
abgetrennten Wohngruppen festgestellt worden.