Polnische Berufspendler können auf finanzielle Hilfe hoffen

Sie sind unverzichtbar im Gesundheitswesen oder in der
Landwirtschaft: Berufspendler aus Polen sind in vielen
Wirtschaftszweigen zu finden. Jetzt sollen sie wegen Corona in
Quarantäne.

Potsdam/Cottbus (dpa/bb) - In Brandenburg sollen polnische
Berufspendler, die von den neuen Corona-Regelungen in Polen betroffen
sind, finanzielle Hilfe erhalten. Wenn sie bleiben und weiter
arbeiten, sollen sie pro Tag eine Aufwandsentschädigung in Höhe von
65 Euro erhalten. Das vereinbarten am Donnerstag das Finanz- und das
Wirtschaftsministerium. Hinzu kommen 20 Euro täglich für jedes
Familienmitglied, wenn es sich in Brandenburg aufhält. «Wir werden
Sie unterstützen», sagte Finanzministerin Katrin Lange (SPD).
Berufspendler werden gebeten, ihre Arbeit fortzusetzen. Es gehe
darum, einen wirksamen Beitrag zur Aufrechterhaltung des
Wirtschaftslebens in Brandenburg zu leisten, betonte
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD).

Am Freitag tritt die neue Regelung in Polen in Kraft, wonach
polnische Berufspendler nach der Rückkehr in die Heimat 14 Tage in
Quarantäne bleiben müssen.

Bei den Brandenburger Landwirten liegen die Nerven blank. «Es fällt
schwer, Ruhe zu bewahren.» Besonders seien die Bauern mit Tieren
betroffen, die täglich gefüttert und gepflegt sowie gemolken werden
müssten. Von den etwa 40 000 Beschäftigten in der Landwirtschaft in
Brandenburg, seien fast 1000 Berufspendler aus Polen vor allem in der
Milchviehhaltung und im Gartenbau tätig. «Teilweise gibt es
Arbeitsschichten oder Kolonnen, die zu 100 Prozent aus polnischen
Berufspendlern bestehen», sagte Wendorff. Es sei nicht auszudenken,
wenn diese 14 Tage wegen Quarantäne ausfallen würden.

Die Landesärztekammer hat unterdessen vor einem Aderlass im
Gesundheitswesen durch die Corona-Quarantäne-Verordnung für polnische
Berufspendler gewarnt. In manchen Kliniken vor allem in Grenznähe
kämen mehr als 30 Prozent der Beschäftigten aus Polen zur Arbeit,
sagte Frank Ullrich Schulz, Präsident der Landesärztekammer, am
Donnerstag. Dabei handele es sich um rund 280 Mediziner. Dazu kämen
noch Krankenschwestern und Hebammen.

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen für
Berufspendler trifft die Kommunen an der Grenze im Süden und Osten
hart. Die Industrie- und Handelskammern in Süd-und Ostbrandenburg
sehen dramatische Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft, wie sie
mitteilten. Demnach sind mehr als 25 000 Pendler in Brandenburg und
Berlin von der neuen Verordnung Polens betroffen.

Im Landkreis Spree Neiße etwa sind zahlreiche Pendler in
medizinischen Einrichtungen, in der Landwirtschaft sowie bei
Dienstleistern und Handwerksbetrieben angestellt. Man sei wegen der
Unterstützung für Berufspendler täglich mit dem Land im Gespräch,
sagte ein Sprecher. Unter anderem sollen über regionale Anbieter
Unterkünfte bereitgestellt werden. Dazu sei der Landkreis auch in
Kontakt mit dem Hotel und Gaststättenverband des Landes (Dehoga).

Auch im Landkreis Märkisch-Oderland gibt es engen Austausch mit den
Krankenhäusern. Ermittelt werde der Bedarf an
Übernachtungsmöglichkeiten, sagte ein Sprecher sagte. Viele
Beschäftigte würden aber eher zur Familie in Polen zurückkehren.

In Frankfurt (Oder) arbeiten nach Angaben der Stadt etwa 1250
Pendler. Deren Fernbleiben würde die wirtschaftlichen und
infrastrukturellen Abläufe schwächen, sagte Stadtsprecher Uwe Meier.
Hotels, Pensionen, soziale Träger und andere Institutionen, die
Übernachtungsmöglichkeiten bieten können, prüften derzeit Angebote.

Polnische Mitarbeiter könnten dann über einen längeren Zeitraum auf
deutscher Seite arbeiten, ohne täglich heimkehren zu müssen. Nach
ersten Rückmeldungen werden diese Angebote recht gut angenommen,
sagte Meier.

In der Stadt Guben (Spree-Neiße) wechseln täglich etwa 1000
Berufspendler die Grenze. Sie arbeiten unter im örtlichen
Krankenhaus, in Bäckereien und im Industriegebiet, sagte Florian
Müller von der Wirtschaftsförderung. Die Stadt stehe mit
Wohnungsvermietern in Kontakt wegen Gästewohnungen. In Forst pendeln
etwa 200 Polen zur Arbeit über die Grenze. Die Unternehmen selbst,
aber auch die Stadtverwaltung seien bemüht, Lösungen zu finden,
erklärte Bürgermeisterin Simone Taubenek. Der Landkreis habe den
Kommunen Unterstützung zugesagt. So sollen Unterkünfte im örtlichen
Wohnheim zur Verfügung gestellt werden.