Bauern reagieren auf Einreiseverbot für Erntehelfer

Die Spargelernte soll nächste Woche in Mecklenburg-Vorpommern
beginnen. Arbeitskräfte etwa aus Rumänien dürfen jedoch wegen der
Corona-Krise nicht mehr einreisen. Sind Helfer aus der Region ein
Ersatz?

Rövershagen/Wöbbelin/Schwerin (dpa/mv) - Die Einreisesperre für
Erntehelfer aus Rumänien und anderen Ländern stellt die Spargelbauern
in Mecklenburg-Vorpommern vor teils erhebliche Probleme. Bäuerin
Yvonne von Laer, die das Edelgemüse in Tieplitz bei Güstrow
(Landkreis Rostock) großflächig anbaut, setzt nun auf Hilfskräfte aus

der Region. Erste Angebote von Einheimischen gingen auch bereits ein,
sagte sie am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Zudem habe sich
ein Jobvermittler bei ihr gemeldet. Offen sei jedoch, ob ungeübte
Helfer den körperlichen Anforderungen des Spargelstechens über
längere Zeit gewachsen seien.

In 10 bis 14 Tagen - je nach Wetterlage - benötigt von Laer zunächst
15 Personen zum Stechen und 5 bis 6 zum Sortieren der Stangen in der
Halle, wie sie sagte. Wenn die Spargelernte ihren Höhepunkt erreicht,
werde der Bedarf auf rund 40 Personen steigen. Über die
Arbeitsagentur suche sie wie jedes Jahr zudem Fahrer und
Verkäuferinnen für die Spargelstände.

In Mecklenburg-Vorpommern wird auf insgesamt rund 200 Hektar Spargel
angebaut. Davon entfallen allein 65 Hektar auf den Hof Denissen in
Wöbbelin (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Chefin Michaela Denissen
hat Glück: Rund 30 Saisonarbeiter aus Rumänien und Polen sind schon
vor der vom Bundesinnenministerium am Mittwoch verkündeten Sperre
angereist. Polen dürfen zwar kommen, müssen aber bei der Heimreise
aktuell zwei Wochen Quarantäne in Kauf nehmen.

Nächste Woche werde in Wöbbelin die Spargelernte starten, sagte
Denissen, doch schon seit einiger Zeit werde gearbeitet: «Erdbeeren
pflanzen, Folien legen». Weitere 26 Arbeitskräfte wechselten aus
anderen Bereichen des Unternehmens, wie Restaurant und Café, die
schließen mussten, auf die Felder. Im April komme sie damit hin und
dann müsse man weitersehen.

Der Chef von Karls Erdbeerhof, Robert Dahl, sagte, es könnten bei ihm
in Rövershagen Ende April Probleme auftreten, wenn die ersten
Erdbeeren erntereif seien. Dann würden die ersten rund 100
Erntehelfer benötigt. Deren Zahl steigere sich im Laufe der Saison
auf bis zu 800. «Es ist gerade extrem schwer, Pläne zu schmieden»,
sagte Dahl. Bis zur Hauptzeit der Erdbeerernte seien es noch zwei
Monate. «Wir sind zuversichtlich, dass die Situation dann eine andere
ist.» Parallel liefen Überlegungen, mit Studenten oder Menschen, die
wegen der Corona-Krise aktuell keine Arbeit haben, die Ernte zu
bewältigen. «Möglicherweise kommt es zu einer Mischung der Modelle.
Wir sind beweglich ohne Ende», sagte Dahl.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD)
zeigte sich erfreut über die vergleichsweise geringe Zahl von
Corona-Infektionen im Land. Für eine Entwarnung oder Debatte um
Lockerung der Maßnahmen sei es aber zu früh, schrieb die
Regierungschefin am Donnerstag im Kurznachrichtendienst Twitter. In
einer Telefonkonferenz beriet sie mit ihren Ministern über die
aktuelle Lage im Land und weitere Vorkehrungen, um das
Infektionsrisiko gering zu halten.

Den jüngsten Daten des Robert Koch-Instituts zufolge ist
Mecklenburg-Vorpommern mit 15 nachgewiesenen Corona-Infektionen je
100 000 Einwohner im Ländervergleich am wenigsten von der Pandemie
betroffen. In Hamburg, Baden-Württemberg oder Bayern ist die Rate
vier Mal so hoch.

Eine Lockerung der Reisebeschränkungen nach MV forderte am Donnerstag
der Verband Deutscher Grundstücksnutzer. So sollen nach dem Willen
des Verbandes Bürger aus anderen Bundesländern ihre Datschen und
selbst genutzten Ferienwohnungen im Nordosten aufsuchen können, was
ihnen seit einer Woche untersagt ist. «Es geht hier nicht um
Tourismus, sondern um Menschen, die ihre Häuschen und Wohnungen
selbst nutzen. Die meisten von ihnen stammen aus Großstädten wie
Berlin. Viele von ihnen sind Senioren, die gerade in den Großstädten
einem besonderen Risiko unterliegen», begründete Verbandspräsident
Christian Gräff die Forderung. Ihr Risiko könne vermindert werden,
wenn sie in ihre Datschen und Ferienwohnungen in MV könnten.

Eine Lockerung des Nutzungsverbots für Zweitwohnungen, wie sie
Schleswig-Holstein zum Teil für Hamburger gewährt, lehnt
Innenminister Lorenz Caffier (CDU) bislang ab. «Wir kriegen das sonst
nicht kontrolliert, wer hier sein darf und wer nicht. Gerade zu
Ostern könnte es wieder eine starke Anreise geben, was wir nicht
wollen», sagte Caffier der «Ostsee-Zeitung» (Donnerstag). Bis zum 19.

April werde das Einreiseverbot für Touristen Bestand haben. Caffier
geht davon aus, dass sich eine Woche nach Beginn der massiven
Reisebeschränkungen noch immer knapp 10 000 Menschen aus anderen
Bundesländern im Nordosten aufhalten.