Corona: Landkreis verbietet Reisen und Aufenthalt an Zweitwohnsitz

Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin ist eher dünn besiedelt - doch
beliebt bei Touristen, vor allem seit der Weg zur Ostsee für sie
wegen Corona versperrt ist. Nun wirft der Kreis sie aus
Sicherheitsgründen raus.

Neuruppin (dpa/bb) - In Brandenburg hat der erste Landkreis die
bestehenden Beschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus verschärft:

In Ostprignitz-Ruppin sind seit Donnerstag touristische Reisen aus
privatem Anlass verboten. Auch Tagesausflüge sind laut der
Allgemeinverfügung «Reisen» nicht erlaubt. Gleiches gilt für den
Aufenthalt am Zweitwohnsitz - es sei denn, die Nutzung ist «für die
Ausübung einer erwerbsmäßigen beziehungsweise selbstständigen
Tätigkeit im Landkreis Ostprignitz-Ruppin zwingend erforderlich».
Reisende, die sich bereits im Gebiet des Landkreises aufhalten,
müssen bis spätestens Samstag ihren Aufenthalt beenden und abreisen.
Die Verfügung gilt bis zum 19. April.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) rechnet mit
einer «Hochkrisenzeit» von etwa zwei Monaten. Er rief die
Tourismusbranche in einem Dialog mit Verbänden dazu auf, schon wieder
nach vorn zu blicken. Wenn die Beschränkungen langsam gelockert und
Urlaube auch in Brandenburg möglich sein werden, müsse die Branche
vorbereitet sein. «Dann können wir vielleicht sehen, dass wir für die

zweite Jahreshälfte wenigstens ein bisschen gerettete Saison
kriegen», sagte Steinbach. Der Tourismus sei in Brandenburg zu einer
wichtigen Säule geworden. Die Landesregierung appellierte am
Donnerstag an die Brandenburger, Ausflüge zu vermeiden - und an
Berliner, derzeit möglichst nicht ins Nachbarland zu fahren.

Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin reagierte nach eigenen Angaben mit
dem Verbot vor allem auf viele Touristen, die seit den Autokontrollen
an wichtigen Zufahrtsstraßen zum Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern
in der Region gestrandet seien. «Ob Wohnmobile, aber auch die
Datschen und Bungalows, die Region ist voll», sagte Landrat Ralf
Reinhardt (SPD). Der Schritt sei nötig gewesen, um diese Touristen
zur Abreise zu bewegen. «Wir sind schon für unsere einheimische
Bevölkerung äußert knapp mit unseren medizinischen Kapazitäten, von

Masken bis zu Desinfektionsmitteln. Wenn sich über Ostern nochmal
zusätzlich Menschenkolonnen hierher bewegen, reicht die Versorgung
nicht.»

Die Regelung ersetze nicht die bereits erlassenen Beschränkungen
durch das Land. Aber man habe aufgrund der noch immer relativ vielen
Touristen in der Region nachjustieren müssen. «Es geht uns nicht
darum, soziale Kontakte zu kappen oder zu schikanieren, sondern um
die Menschen hier zu schützen und die Ausbreitung des Virus zu
verhindern», ergänzte Sprecher Alexander von Uleniecki.

Die Beschränkung gelte unter anderem nicht für Menschen, die in dem
Landkreis ihren Erstwohnsitz haben oder dort arbeiteten. «Jeder, der
nach Ostprignitz-Ruppin kommt, um hier zu arbeiten, um Menschen in
der Verwandtschaft zu unterstützen oder den Einkauf für die Mutter zu
erledigen, darf dies natürlich auch weiterhin tun», sagte Reinhardt.

Nach Angaben des Landkreistages Brandenburg ist Ostprignitz-Ruppin
die bislang einzige Kommune im Land, die eine solche Maßnahme
getroffen hat. Mit der Regelung schließt sich der Landkreis an Länder
wie Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern an, die ähnliche
Bestimmungen für Touristen und Menschen mit Zweitwohnsitz erlassen
haben. Der Landkreis im Nordwesten Brandenburgs zieht jährlich viele
Touristen an - 2019 zählte der Tourismusverband Brandenburg über eine
Million Übernachtungen und damit einen Anstieg um 3,5 Prozent.

Ronny Kretschmer, Vorsitzender der Linke-Fraktion im Kreistag
Ostprignitz-Ruppin, forderte den Landrat auf, die Beschränkung noch
einmal zu überdenken und zurückzunehmen. «Andernfalls wird ein
unheilvoller Wettlauf um die drastischsten Einschränkungen zwischen
den Landkreisen in Gang gesetzt», teilte Kretschmer mit.