Corona-Ausbruch im Landkreis Wittenberg - 8000 Menschen in Quarantäne
Trotz der Schutzmaßnahmen der letzten Tage hat sich das Coronavirus
in Jessen stark verbreitet. Der Landkreis zieht die Notbremse und
riegelt zwei Ortsteile von der Öffentlichkeit ab. Nicht alle Bürger
sind damit einverstanden.
Jessen (dpa/sa) - Nach einem Ausbruch des Coronavirus hat der
Landkreis Wittenberg zwei Ortsteile von Jessen unter Quarantäne
gestellt. Seit Donnerstagmorgen, 7.00 Uhr, seien alle acht
Zufahrtsstraßen zu den Ortsteilen Jessen und Schweinitz abgeriegelt,
sagte Landkreis-Sprecher Ronald Gauert am Donnerstagmorgen. Feuerwehr
und Polizei übernahmen demnach die Absperrung, die Polizei
patroulliere außerdem durch die Straßen, um sicherzustellen, dass die
Anordnung befolgt werde. Am Donnerstagmorgen waren die Behörden
außerdem damit beschäftigt, den Anwohnern die Maßnahmen zu erläuter
n,
sagte Gauert. «Wir erklären jetzt viel», sagte der Sprecher. «Aber
das gelingt nicht immer».
Per Allgemeinverfügung hatte der Landrat die Quarantäne angeordnet,
sie sieht deutlich strengere Ausgangsbeschränkungen vor als die
landesweit gültigen Regelungen. «Das Haus verlassen darf man, um sich
auf kürzestem Wege etwas zu Essen zu holen oder in die Apotheke zu
gehen», sagte der Sprecher. Die Zone dürfe nur betreten, wer dort
wohne und sich unverzüglich ins Haus begebe. Außerdem gelten einige
Ausnahmen für Angestellte systemkritischer Branchen, etwa für
Pflegepersonal, Rettungsdienste, Ärzte sowie Mitarbeiter von
Supermärkten. Alle anderen Menschen sollten zu Hause bleiben und nach
Möglichkeit aus dem Homeoffice arbeiten, sagte Gauert - egal ob sie
in den betroffenen Gebieten arbeiten oder dort wohnen.
Der Bürgermeister von Jessen, Michael Jahn, habe die örtlichen
Unternehmen bereits am Mittwochabend über die bevorstehende
Quarantäne informiert, sagte Gauert. Am Donnerstagmittag tagte ein
Krisenstab des Landkreises mit den Bürgermeistern, Landrat Jürgen
Dannenberg (Linke), Polizei, Feuerwehr und Ärtzten, auf der den
bisherigen Verlauf evaluieren und die medizinische Lage vor Ort
erörtern sollte.
Der Erreger Sars-CoV-2 hatte sich trotz der Vorsichtsmaßnahmen der
vergangenen Wochen tagelang in der Stadt ausgebreitet. Am
Mittwochnachmittag war bekannt geworden, dass es in einem Jessener
Pflegeheim einen Ausbruch gegeben hatte. Ein Bewohner war am Montag
aus einem anderen Grund in ein Krankenhaus eingeliefert und dabei
routinemäßig auf das neuartige Virus getestet worden. Als der Test
positiv ausfiel, wurden auch die Kontaktpersonen des Patienten
getestet - bei elf Bewohnern und fünf Pflegern wurde daraufhin eine
Corona-Infektion nachgewiesen.
Inzwischen weiß der Landkreis (Stand Mittwochabend) von 41
bestätigten Fällen in den beiden Jessener Ortsteilen - von 53 im
ganzen Landkreis. Sechs der Infizierten wurden vorsorglich in ein
Krankenhaus gebracht. Ihr Zustand sei stabil und sie lägen nicht auf
der Intensivstation, sagte Gauert. Es handele sich um ältere
Menschen, die daher vorsichtshalber zur Beobachtung stationär
aufgenommen worden seien.
Nach bisherigen Erkenntnissen habe ein Reisender das Virus aus
Österreich eingeschleppt. Die Großzahl der Corona-Fälle in
Sachsen-Anhalt lässt sich auf Besuche in der Alpenrepublik
zurückführen. Die Quarantäne gilt zunächst bis zum 10. April.