Faktencheck: Warum ist Klopapier oft ausverkauft? Von Hannah Wagner und Marc Fleischmann, dpa

Die Bilder leerer Supermarktregale gehen durchs Netz. Besonders
betroffen von den Corona-Vorratskäufen: Toilettenpapier. Kommt es zu
ernsthaften Engpässen? Ein Faktencheck.

Berlin (dpa) - Wenn es ein Sinnbild für die Corona-Krise in
Deutschland gibt, ist es Toilettenpapier. Vielerorts oft ausverkauft,
entsteht der Eindruck, es herrsche Knappheit bei dem Hygiene-Artikel.
Stimmt das?

BEHAUPTUNG: Durch Hamsterkäufe werden in Deutschland Hygieneartikel
wie Toilettenpapier und auch Lebensmittel knapp.

BEWERTUNG: Hygieneartikel wie Toilettenpapier sind derzeit äußerst
stark nachgefragt und deshalb in einigen Läden ausverkauft. Der
Handel passt die Lieferketten der Nachfrage an. Von einem
Lebensmittelengpass kann Experten zufolge keine Rede sein.

FAKTEN: Das Toilettenpapier nimmt beim Kaufverhalten der Deutschen
eine Sonderstellung ein. Wegen der unbegründeten Angst, man dürfe
irgendwann nicht mehr das Haus verlassen, werde gebunkert, erklärt
Christian Böttcher, Sprecher des Bundesverbands des Deutschen
Lebensmittelhandels (BVLH). Dadurch entstehe eine paradoxe Situation:
«Einige wissen nicht, wohin damit. Andere haben zu wenig.»

Bei Hygieneartikeln wie Klopapier funktioniert die Logistikkette laut
Böttcher etwas anders als bei Lebensmitteln: «Sie werden in der Regel
seltener nachbestellt, weil sie normalerweise weniger nachgefragt
werden.» Das hat sich von Februar zu März 2020 aber deutlich
geändert. Beim Toilettenpapier habe es im Vormonatsvergleich eine
Steigerung von rund 700 Prozent gegeben, sagt Böttcher: «Das
überfordert jede Lieferkette.» Die Märkte würden sich nach und nach

der hohen Nachfrage anpassen sowie Frequenz und Menge erhöhen.

Das Statistische Bundesamt spricht beim Toilettenpapier für die Woche
vom 16. bis 22. März von einer mehr als drei Mal so hohen Nachfrage
im Vergleich zu den vorangegangenen sechs Monaten. Die
unterschiedlichen Steigerungszahlen erklären sich nach Worten von
BVLH-Sprecher Böttcher durch die verschiedenen Datenquellen und
Erhebungszeiträume.

Eine «stark gestiegene Nachfrage» nach Hygieneprodukten wie
Desinfektions- und Reinigungsmitteln sowie Toilettenpapier hat auch
die Drogeriemarktkette dm verzeichnet. «So erklärt sich auch, dass
diese Produkte temporär in vielen Märkten nicht verfügbar waren oder

sind», sagt Geschäftsführer Sebastian Bayer. Als Konsequenz seien
Maßnahmen entlang der gesamten Lieferkette ergriffen worden.

Während es bei Hygieneartikeln teilweise noch an Nachschub mangele,
spricht Böttcher bei den haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln, Reis,
Mehl und Zucker von einer «langsamen Normalisierung der Lage». Die
Nachfrage sei zwar immer noch hoch, aber nicht mehr ganz so stark, so
der Sprecher. Das hänge auch damit zusammen, dass sich die Kunden mit
verschärften Regeln in den Supermärkten - wie bedarfsgerecht
einzukaufen - arrangieren. Zudem hätten sich durch die Situation die
Einkaufszeiten verschoben. Böttcher: «Viel mehr Kunden gehen derzeit
früh einkaufen.»

Viele Märkte konnten auf hohe Nachfragen schnell reagieren: In Rewe-
und Penny-Märkten etwa könne man dank des digitalen Systems «quasi in

Echtzeit» sehen, was gekauft wird - und Bestellungen
demententsprechend anpassen, sagt der zuständige Sprecher Andreas
Krämer. Nachfrage und Kaufverhalten haben sich auch nach seinen
Worten zuletzt «ein Stück weit normalisiert».