Historiker-Vorsitzende: Pandemien offenbaren schonungslos Schwächen

Osnabrück (dpa/lni) - Pandemien haben aus Sicht von Historikern das
Potenzial, Gesellschaften tiefgreifend zu verändern. «Sie offenbaren
schonungslos die Schwächen des Status quo, und sie waren und sind
immer wieder Ausgangspunkt von etwas grundsätzlich Neuem», sagte die
Vorsitzende der Verbands der Historiker und Historikerinnen
Deutschlands, Eva Schlotheuber, der «Neuen Osnabrücker Zeitung»
(Donnerstag). «Auch die Corona-Pandemie kann und wird die
gesellschaftlichen Paradigmen verschieben - in welche Richtung wird
man noch sehen.» Denkbar sei, dass die globale Mobilität von Menschen
und Waren stärker reflektiert würden.

«Ein entfesselter Kapitalismus ist selbstzerstörerisch für Mensch und

Natur», betonte die in Düsseldorf lehrende Professorin für
Mittelalterliche Geschichte. Dies bedeute natürlich nicht, dass der
Kapitalismus an der Corona-Krise schuld sei. Dass die Pandemie in den
Industrienationen aber die Illusion zerstöre, dass Menschen und Natur
grenzenlos beherrschbar seien, könne auch einen Weg frei machen. So
habe im Mittelalter die selbst auferlegte «Ausgangssperre», die
Klausur der Mönche und Nonnen, zu großen intellektuellen und
kulturellen Innovationen geführt.