Orban weist Europarats-Kritik an Corona-Sondervollmachten zurück

Budapest (dpa) - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat
die Kritik des Europarats an weitreichenden Sondervollmachten für
seine Regierung angesichts der Corona-Pandemie zurückgewiesen. Man
möge den diesbezüglichen Gesetzesentwurf genau studieren und mit der
Rechtspraxis anderer Staaten vergleichen, schrieb der
rechts-nationale Politiker in einem Brief an
Europarats-Generalsekretärin Marija Pejcinovic Buric, aus dem die
staatliche Nachrichtenagentur MTI am Donnerstag zitierte.

Zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie und zur Bewältigung ihrer
Folgen will sich Orban umfassende Vollmachten geben lassen. Den
diesbezüglichen Gesetzesentwurf soll das Parlament in Budapest Anfang
nächster Woche beschließen. Das Sondergesetz würde es Orban
ermöglichen, auf unbegrenzte Zeit und ohne parlamentarische Kontrolle
mit Verordnungen zu regieren. Es sieht auch verschärfte Strafen für
die Verbreitung von Falschnachrichten vor. Kritiker befürchten, dass
auf dieser Grundlage unabhängige Journalisten strafrechtlich verfolgt
werden könnten. 

Europarats-Generalsekretärin Pejcinovic Buric hatte am letzten
Dienstag in einem offenen Brief geschrieben, dass ein unbestimmter
und unkontrollierter Ausnahmezustand nicht garantieren könne, dass
die Grundprinzipien der Demokratie eingehalten würden. In dem
Schreiben hatte sie direkt die ungarische Regierung angesprochen.

Der ungarische Regierungschef wies die Kritik an seiner Vorgangsweise
zurück. «Wenn Sie in der gegenwärtigen Krisensituation nicht in der
Lage sind, uns zu helfen, dann nehmen Sie zumindest davon Abstand,
unsere Schutzanstrengungen zu behindern», schrieb er in seinem
Antwortschreiben an Pejcinovic Buric.

In Ungarn wurde bis zum Donnerstagmorgen bei 261 Menschen das
Coronavirus nachgewiesen. Zehn Menschen starben bislang an Covid-19,
28 gelten als geheilt.