GEW kritisiert Kultusministerkonferenz wegen Abi-Prüfungen

Die Entscheidung der Kultusministerkonferenz, an den Abiturprüfungen
festzuhalten, kommt bei der Gewerkschaft GEW und den Linken nicht gut
an. Der Philologenverband Schleswig-Holstein unterstützt dagegen die
Entscheidung der Bildungsminister.

Hamburg/Kiel/Berlin (dpa/lno) - Nach der Entscheidung der
Kultusministerkonferenz (KMK), die Abiturprüfungen trotz der
Corona-Pandemie regulär abzuhalten, hagelt es Kritik von der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und von den Linken. Die
Lehrergewerkschaft GEW warf der Kultusministerkonferenz vor, sie habe
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) auflaufen
lassen. Prien war am Mittwoch mit ihrem Vorstoß gescheitert, die
Abiturprüfungen in diesem Jahr ausfallen zu lassen und stattdessen
ein Anerkennungsabitur zu geben auf Grundlage der bisher erzielten
Noten der Schüler. «Gesundheit ist wichtiger als Abschlussprüfungen
»,
kritisierte die GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke.

In Hamburg sprach die schulpolitische Sprecherin der Linksfraktion in
der Bürgerschaft, Sabine Boeddinghaus, von einer «geballten
Verantwortungslosigkeit» der KMK. «In einer der schwersten Krisen
unserer Gesellschaft, wo täglich neue Infizierte vermeldet werden, wo
alle Expert_innen von einer Verschlimmerung für die nächsten Wochen
ausgehen, wo Schulen am Rande des Nervenzusammenbruchs stehen,
bleiben die obersten Hüter_innen des deutschen Bildungsbürgertums
beim «business as usual».» Sie sei sich sicher, dass diese
Entscheidung keinen Bestand haben werde, «weil die Gesundheit der
jungen Menschen und ihrer Lehrkräfte erste Priorität haben muss».

Die Ungewissheit bleibe nach wie vor groß, ob und wie direkt nach den
Osterferien die Abi-Arbeiten geschrieben werden können, sagte Henke.
Leider blende die KMK die schwierigen Begleitumstände mitten in der
Corona-Pandemie völlig aus. «Schwierige Vorbereitung, mögliche
gesundheitliche Betroffenheit von Familienangehörigen,
Arbeitslosigkeit, Insolvenz oder Kurzarbeit von Eltern.» Von
Vergleichbarkeit mit den Anforderungen in den vergangen Jahren und
Gerechtigkeit könne nicht die Rede sein.

Rückendeckung erhielt Prien auch von den Grünen. Man habe den
Vorschlag der Ministerin für richtig gehalten, sagte die
schulpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion Ines Strehlau.
An den Prüfungsterminen festzuhalten, sei in dieser unsicheren
Infektionslage nicht im Sinne der Schüler und Lehrkräfte.

Der Philologenverband Schleswig-Holstein unterstützt dagegen ein
Festhalten an den Abiturprüfungen. Er sei jedoch offen für eine
Verschiebung der schriftlichen und mündlichen Prüfungen, falls die
Entwicklung der Corona-Krise dies notwendig mache, erklärte der
Vorsitzende Jens Finger. Bei einer Verschiebung der schriftlichen
Prüfung müsse aber sichergestellt werden, dass angesichts der kurzen
Zeit bis zu den schleswig-holsteinischen Sommerferien genug
Korrekturressourcen vorhanden seien. «Hier fordern wir, dass die
korrigierenden Lehrkräfte deutlich und spürbar von unterrichtlichen
Aufgaben entlastet werden.»

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) stellt sich
inzwischen auf einen massiven Anstieg von Covid-19-Erkrankten ein. Es
komme «eine riesige Welle auf uns zu, die uns wahrscheinlich im April
erst richtig treffen wird». Alle nicht lebenswichtigen Operationen am
UKE seien deshalb bereits verschoben worden, «weil wir das Personal
brauchen», sagte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin, Prof.
Stefan Kluge. In Hamburg und Schleswig-Holstein war die Zahl der
Corona-Infizierten am Mittwoch um 287 auf insgesamt 2059 gestiegen.
Die Zahl der Covid-19-Erkrankten, die sich in klinischer Behandlung
befinden, erhöhte sich den Angaben zufolge im Norden auf 138.