Reedereien kommen nach kaum überstandener Krise wieder in Not

Für die deutsche Schifffahrt war das vergangene Jahrzehnt eine
einzige Durststrecke. Kaum macht sich wieder Zuversicht breit, bringt
das Coronavirus einen neuen Rückschlag. Das betrifft auch die Banken.

Hamburg (dpa) - Die Reedereien sehen nach mehr als zehn Krisenjahren
neue Probleme auf sich zukommen. «Die deutsche Seeschifffahrt hatte
zumindest großenteils nach den Jahren der Finanzkrise und ihrer teils
schmerzhaften Aufarbeitung wieder leicht positiv in die Zukunft
geschaut. Jetzt drohen erneute, erhebliche Rückschläge», sagte Alfred

Hartmann, Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), am
Donnerstag in Hamburg. «Für einige Unternehmen wird schon jetzt
absehbar die Tilgung von Schiffskrediten zum Problem werden.»

Die Reeder verstünden, dass Banken diese Zahlungen ihrerseits derzeit
nicht ohne weiteres aussetzen können. «Es wäre deshalb sehr wichtig,

schnell einen Mechanismus zu finden, etwa über die KfW, wie dies
aufgefangen oder abgesichert werden könnte», sagte der Verbandschef.

Insbesondere betroffen sei die Fährschifffahrt zu den deutschen
Inseln in Nord- und Ostsee. Die Verbindungen seien wegen fehlender
Passagiere auf ein Minimum reduziert worden. Auch der Güterverkehr
ist eingebrochen, da es kaum Nachfrage auf den Inseln gibt. Noch
dramatischer stelle sich die Lage bei Ausflugsschiffen dar, deren
Geschäft ganz ruht. «Einigen dieser zumeist kleineren und
mittelständischen Reedereien drohen schon in den nächsten Wochen
ernste Liquiditätsprobleme - obwohl sie oft sehr gut in der
Vergangenheit gewirtschaftet haben», warnte Hartmann.

Die Unternehmen hätten jedoch zugesichert, die Versorgung der
jeweiligen Inseln insbesondere mit Lebensmitteln weiter
sicherzustellen. Hartmann: «Es kann aber bald die Situation
eintreten, in der zumindest einige rasche finanzielle Hilfe brauchen,
um den Betrieb aufrecht erhalten zu können.»

Die Auswirkungen des Virus auf die Kreuzschifffahrt schätzt der VDR
ebenfalls als schwerwiegend ein. Weltweit liegen derzeit fast alle
Kreuzfahrtschiffe vor Anker, darunter auch von deutschen Unternehmen.
Die wirtschaftlichen Folgen dürften sich vollständig aber erst in den
Folgemonaten zeigen. «Derzeit ist die Lage hier zu dynamisch, um
belastbare Prognosen zu stellen», sagte Hartmann.

Für die internationale Handelsschifffahrt sei es dagegen ein gutes
Zeichen, dass die Produktion von Exportgütern in China wieder
aufgenommen werde. Damit könne sich vor allem der Containerverkehr
zwischen China und Europa wieder stabilisieren.