Rettungsschirm nimmt Hürde - Brandenburg stellt Kita-Beiträge frei

Brandenburg schiebt im Kampf gegen die Folgen des Coronavirus Hilfen
von ungewöhnlicher Dimension an: Der geplante Schutzschirm soll bis
zu einer Milliarde Euro umfassen. Noch etwas ist seit Mittwoch klar:
Eltern ohne Kita-Betreuung werden entlastet.

Potsdam (dpa/bb) - Der geplante Rettungsschirm in der Corona-Krise
für Brandenburg von bis zu einer Milliarde Euro hat eine wichtige
Hürde genommen. Der Haushaltsausschuss des Landtags beschloss am
Mittwoch in einer Sondersitzung einstimmig, dass der bisher geplante
Rahmen einer Ermächtigung von Krediten an die Landesregierung von 500
Millionen Euro verdoppelt wird. Das hatten SPD, CDU und Grüne
vorgeschlagen. Der Rettungsschirm soll Betriebe, Beschäftigte und
Selbstständige mit Soforthilfen unterstützen, aber auch dem
Gesundheitswesen helfen. Die Schuldenbremse sieht die Möglichkeit von
Krediten in außergewöhnlichen Notlagen vor. Der Landtag entscheidet
am 1. April über den Nachtragshaushalt.

KITA-BEITRÄGE: Eltern, die ihre Kinder wegen der Schließung von Kitas
und Kinderpflegestellen nicht in eine Notbetreuung geben können,
sollen ab 1. April vorerst keine Beiträge zahlen müssen. Sie würden
für die Dauer der Schließung von den Beiträgen freigestellt, kündig
te
Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) nach Gesprächen mit den
Kommunen an. Das Ministerium schätzt das Fördervolumen auf rund 14
Millionen Euro pro Monat. Seit einer Woche sind Kitas geschlossen, es
gibt aber eine Notbetreuung für Kinder von Eltern mit
systemrelevanten Berufen. Rund 187 000 Kinder werden im Land laut
Ministerium betreut, davon seien derzeit rund sieben Prozent in
Notbetreuung.

ABI-PRÜFUNGEN: Die Kultusministerkonferenz der Länder beschloss, dass
Schulabschlussprüfungen in Deutschland trotz der Corona-Krise nach
jetzigem Stand weiter stattfinden sollen. Brandenburg sieht sich mit
dem Beschluss in seiner Linie bestätigt. Bildungsministerin Ernst
erklärte: «Wir haben damit Planungssicherheit für unsere Schülerinn
en
und Schüler (...)».

HILFEN: Wegen der Corona-Krise können Klein- und Kleinstunternehmen,
Solo-Selbstständige und Freiberufler seit Mittwoch Soforthilfe
beantragen. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) rechnete am
ersten Tag mit rund 10 000 Anträgen. Bei Handwerksbetrieben ist der
Bedarf hoch. Durch Absagen von Veranstaltungen, Schul- und
Kita-Schließungen, Auftragsstornos, Produktionsunterbrechungen oder
Quarantänemaßnahmen seien alle Gewerke der mehr als 40 000 Betriebe
von der Krise betroffen, berichtete der Handwerkskammertag. «Am
stärksten trifft es natürlich durch die verschärften Maßnahmen seit

dem Wochenende die Friseure und Kosmetiker.» In Brandenburg mussten
demnach fast 4400 Friseur- und Kosmetikunternehmen schließen.

INFIZIERTE: Die Zahl der Brandenburger, bei denen eine Infektion mit
dem neuartigen Coronavirus offiziell bestätigt ist, erhöhte sich auf
505 (Stand: Mittwoch 15.00 Uhr). Das teilte das
Gesundheitsministerium mit. Innerhalb von 24 Stunden seien 62 neue
Erkrankungen registriert worden. Derzeit liegen 40 Betroffene im
Krankenhaus, drei davon werden künstlich beatmet. Weiter ist ein
Todesfall wegen der Viruserkrankung gemeldet.

ITALIEN: Brandenburg nimmt vier Patienten aus dem schwer von der
Corona-Krise getroffenen Italien auf. Je zwei schwerst erkrankte
Patienten aus Italien würden zur Behandlung in das Ernst von Bergmann
Klinikum Potsdam und in das Carl-Thiem-Klinikum Cottbus gebracht,
teilte die Staatskanzlei mit. Wann und woher die Patienten kommen,
stand zunächst noch nicht fest. Ministerpräsident Dietmar Woidke
(SPD) bedankte sich bei den Kliniken. «In dieser Krise kann es nur
ein Miteinander gegeben - und zwar über Grenzen hinweg.»

EINSCHRÄNKUNGEN: Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne)
warnte angesichts der großen Einschränkungen im Kampf gegen das
Coronavirus vor zu weitgehenden Regelungen. «In einer Demokratie und
in einem Rechtsstaat noch weiter zu gehen, fände ich schon
schwierig», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. «Ich glaube, wir
können Maßnahmen dieser Intensität nicht über Wochen und Monate
durchhalten.» Die Krankenhäuser nannte sie den Schlüssel zur
Bewältigung der Krise. Das Betreten öffentlicher Orte ist seit Montag
nur mit Ausnahmen erlaubt.

KONTROLLEN: Die Polizei bedankte sich, dass sich die Brandenburger
«weitestgehend» an die Vorgaben hielten. Rund 200 Einsätze hat es
demnach am Dienstag gegeben - die Bilanz: Zwei Strafanzeigen, sieben
Ordnungswidrigkeiten und keine Verstöße gegen Schließzeiten.
Brandenburg will im Einzelfall über mögliches Bußgeld
entscheiden. Die Stadt Cottbus warnte vor Betrügern die sich als
Mitarbeiter des Ordnungsamtes ausgeben, Passierscheine kontrollieren
und «Strafgeld» verlangen.

SCHUTZAUSRÜSTUNG: Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg bat
Unternehmen und Betriebe um Mithilfe bei der Beschaffung von
Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel für Praxen. «Wir brauchen
vor allem Desinfektionsmittel, Schutzmasken, Schutzbrillen und
Einmalhandschuhe», erklärte Vorstandschef Peter Noack. «Wir bitten
Unternehmen, die noch Lagerbestände haben und diese entbehren können,
uns diese kostenfrei zur Verfügung zu stellen.» Die Alternative seien
Praxisschließungen, da sich Ärzte und Praxismitarbeiter nicht
ungeschützt einem möglichen Infektionsrisiko aussetzen könnten.

LANDTAG: Der Landtag will wegen der Corona-Krise notfalls auch nur
mit rund einem Viertel seiner Abgeordneten weiterarbeiten können. Das
Parlament solle auch mit mindestens 23 der 88 Abgeordneten Beschlüsse
fassen können, heißt es in einer Empfehlung an den Landtag, für die
sich der Hauptausschuss mit Mehrheit aussprach. Das Präsidium soll
den Fall einer Notlage feststellen. Der Landtag ist derzeit mit
mindestens 45 Abgeordneten beschlussfähig. Die neue Mindestbegrenzung
soll bis Ende Juni gelten. Bisher ist noch kein Fall bekannt, dass
ein Abgeordneter positiv auf das Coronavirus getestet wurde.