Aufnahme von Patienten aus Italien - mehr Schutzausrüstung gefordert

Die Rufe nach mehr Masken oder Schutzbrillen wegen des Coronavirus
reißen nicht ab. Die Kassenärztliche Vereinigung sieht das
Gesundheitssystem in Berlin «spätestens zu Ostern» an seinen Grenzen.

Hilfe aus der Hauptstadt in der Krise gibt es nun auch für Italien.

Berlin (dpa/bb) - Berlin folgt dem Beispiel anderer Bundesländer und
nimmt in den kommenden Tagen schwer kranke Corona-Patienten aus
Italien auf. Das Land ist in Europa am schwersten vom Coronavirus
betroffen. Fünf Menschen sollen in der Charité intensivmedizinisch
betreut werden, wie die Senatskanzlei am Mittwoch mitteilte. Wann sie
in der Hauptstadt eintreffen, ist noch nicht klar. Die
Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin sowie Beschäftigte von
Charité und Vivantes forderten derweil in der Coronakrise dringend
verstärkte Unterstützung, unter anderem mehr Schutzausrüstung.

Nötig seien zudem ein Ausbau spezieller Versorgungsstrukturen für
Infizierte sowie ein finanzieller Ausgleich für das Verschieben nicht
dringlicher Eingriffe, schreibt die KV in einem am Mittwoch
veröffentlichten Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael
Müller (SPD). Darin mahnt die Interessenvertretung von unter anderem
etwa 6800 niedergelassenen Ärzten: «Die Überforderung unseres
Gesundheitssystems lässt sich nach heutigem Stand bereits nicht mehr
abwenden.»

Hochrechnungen zufolge komme das Gesundheitssystem in Berlin
«spätestens zu Ostern» an seine Grenzen. Dann seien die Intensiv-und

Beatmungskapazitäten bereits überbelegt, und es würden weitere
gebraucht. Nach Angaben der KV sind zudem im Zusammenhang mit der
Coronavirus-Epidemie derzeit 101 Praxen geschlossen. In rund
zwei Drittel der Fälle sei der Hintergrund eine Quarantänemaßnahm
e.
Weitere 31 Praxen gaben an, wegen fehlender Schutzausrüstung
geschlossen zu haben.

Die Beschäftigten von Charité und Vivantes schrieben in einem offenen
Brief an ihre Klinikleitungen, den Regierenden Bürgermeister Müller
und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD): «Das Land Berlin muss
einen Weg finden, Masken, Schutzkittel, Schutzbrillen, Handschuhe und
Desinfektionsmittel zu produzieren - SOFORT!!.» Es sei bereits
absehbar, dass die vorhandenen Bestände nicht ausreichen werden.
Außerdem fordern die Mitarbeiter mehr Personal für die
Krankenversorgung.  

Mehr Klarheit gibt es nun in Berlin für Schüler, die kurz vor ihren
Abschlussprüfungen stehen. Die Kultusminister der Länder einigten
sich am Mittwoch darauf, dass diese in ganz Deutschland trotz
Coronakrise nach jetzigem Stand weiterhin stattfinden sollen. Berlins
Bildungssenatorin Sandra Scheeres zeigte sich erleichtert, dass sich
die Länder bei den Abi-Prüfungen auf eine gemeinsame Linie
verständigt haben. Gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz habe man
die möglichen Szenarien im Blick und regele die Anerkennung der
Abschlüsse. «Keine Schülerin, kein Schüler soll Nachteile erfahren
»,
so die SPD-Politikerin.

Unterdessen können die vom Berliner Senat angekündigten
Millionenhilfen für mittlere und kleinere Unternehmen in der
Coronakrise jetzt fließen. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses
gab am Mittwoch bis zu 600 Millionen Euro für zwei
Soforthilfe-Programme frei, wie Abgeordnete mitteilten. Die Hälfte
des Geldes steht für kleine Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten,
Freiberufler und sogenannte Solo-Selbstständige zur Verfügung, von
denen viele in ihrer Existenz bedroht sind. Die andere Hälfte des
Sofortprogramms wurde für kleine und mittlere Unternehmen bis zu 250
Beschäftigten aufgelegt.

Am Donnerstag findet trotz erster Coronafälle in den Reihen der
Abgeordneten die Plenarsitzung des Landesparlaments wie geplant
statt. Aus den Fraktionen hieß es, dass aus Gründen des
Gesundheitsschutzes nicht alle Parlamentarier im Plenum vertreten
sein werden. Müller will in der Sitzung eine Regierungserklärung zur
Coronakrise abgeben.