Trotz Corona-Pandemie Abiturprüfungen in Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein lässt nun doch trotz Corona-Krise die
Abiturprüfungen abhalten. Noch am Dienstag hatte Bildungsministerin
Prien das Gegenteil angekündigt. Unterdessen weitet sich die Pandemie
auch im Norden weiter aus.

Kiel/Berlin (dpa/lno) - Schleswig-Holstein wird nun doch nicht wegen
der Corona-Krise auf die Abiturprüfungen in diesem Schuljahr
verzichten. Die Prüfungen würden wie geplant ab dem 21. April in
Schleswig-Holstein stattfinden, teilte Bildungsministerin Karin Prien
(CDU) am Mittwoch in Kiel nach Schaltkonferenzen der
Kultusministerkonferenz (KMK) und der Landesregierung mit. «Wir haben
beschlossen, das Abitur regulär stattfinden zu lassen.»

Prien verwies auf die Ergebnisse der KMK: «Für die Schülerinnen und
Schüler in Schleswig-Holstein und in ganz Deutschland konnten wir
durch diesen Beschluss der KMK heute endlich die Klarheit schaffen,
die sie brauchen um sich gut auf ihre Prüfungen vorzubereiten.»

Noch am Vortag hatte Prien angekündigt, Schleswig-Holstein würde als
erstes Bundesland wegen der Corona-Pandemie in diesem Schuljahr auf
die Abiturprüfungen und auch alle anderen Schulabschlussprüfungen
verzichten. Die Schüler hätten Abschlusszeugnisse auf Basis ihrer
bisherigen Noten erhalten sollen.

Prien verteidigte ihr Vorgehen: «Es war notwendig, vorzupreschen».
Sie habe «für unsere Schülerinnen und Schüler» eine Entscheidung
vor
dem Ferienbeginn am Freitag haben wollen. Mit Blick auf die KMK sagte
Prien: «Manchmal ist es so, dass in einer solchen Gruppe einer mal
drei Schritte vorweggehen muss, damit sich die Gruppe insgesamt mal
einen Schritt bewegt. Diese Bewegung hat es heute gegeben: Es gibt
ein gemeinsames Vorgehen! Es gibt die Klarheit, auch wenn ich mir
eine andere fachliche Abwägung erhofft hatte.»

Die SPD-Landesvorsitzende und stellvertretende Parteivorsitzende
Serpil Midyatli kritisierte, Prien habe mit ihrem unabgestimmten
Vorstoß für unnötige Unruhe gesorgt. «Als SPD haben wir immer klar

gesagt, es darf kein Durcheinander in Deutschland entstehen.» Die
Prüfungen müssten gleichwertig abgelegt werden. Schon gar nicht
dürften Schüler aus Schleswig-Holstein durch einen Alleingang der
Bildungsministerin bei der Vergabe von Ausbildungs- oder
Studienplätzen einen Nachteil erhalten.

Mitte März wurde der Unterricht wegen des neuartigen Coronavirus an
den Schulen eingestellt. Im laufenden Schuljahr wollen in
Schleswig-Holstein 14 000 Schüler ihr Abitur ablegen. Nach Angaben
des Bildungsministeriums melden die Schulen zudem 10 415 Schüler zum
ersten allgemeinbildenden Schulabschluss an und weitere 12 083
Schüler zum mittleren Schulabschluss.

Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) habe mitgeteilt, dass es nach
jetzigem Stand doch vertretbar sein dürfte, unter Einhaltung
besonderer Regeln zum Infektionsschutz, Prüfungen in den Schulen
stattfinden zu lassen, sagte Prien. Daher habe das Kabinett über den
KMK-Beschluss beraten und entsprechend entschieden.

Die Schulabschlussprüfungen in Deutschland sollen trotz der Krise
nach jetzigem Stand stattfinden. Darauf einigten sich die
Kultusminister. Für die jetzt verworfenen Pläne Priens soll es nach
Angaben aus Teilnehmerkreisen in der KMK-Schalte deutliche Kritik von
fast allen Ländern gegeben haben.

Bekräftigt hat die KMK ihren Beschluss vom 12. März, wonach die
Länder die erreichten Abschlüsse dieses Schuljahres gegenseitig
anerkennen werden. Den Schülern sollen keinerlei Nachteile aus der
jetzigen Ausnahmesituation entstehen. In Hessen und Rheinland-Pfalz
finden momentan Abiturprüfungen unter strengen Hygienevorschriften
weiterhin statt. Andere Länder haben das Abi und andere
Schulabschlussprüfungen verschoben.

Die Pandemie breitet sich auch im nördlichsten Bundesland weiter aus.
Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem Virus stieg von Montag
bis Dienstag einschließlich von 544 auf 609 Fälle, wie die
Landesregierung am Mittwoch mitteilte. Im Norden befinden sich
mittlerweile 61 Patienten in klinischer Behandlung. Am Dienstag waren
es noch 50 Patienten gewesen. Die Landesregierung nannte bisher vier
Todesfälle im Zusammenhang mit der Viruserkrankung. Dazu zählt auch
ein in Ägypten gestorbener Tourist, der aus Schleswig-Holstein
stammte.

Die von der Landesregierung angekündigte Soforthilfe wegen der
Corona-Auswirkungen auf die Wirtschaft kommt nach Ansicht der SPD zu
langsam in Gang. «Von der Investitionsbank des Landes
Schleswig-Holsteins erwarten wir, dass Anträge für das
Soforthilfeprogramm und den Mittelstandssicherungsfonds noch in
dieser Woche ermöglicht werden», sagte SPD-Landtagsfraktionschef Ralf
Stegner. Am Mittwochmorgen sei auf der Webseite nur die Bitte um
wenige Tage Geduld zu finden gewesen.

Seit dem einstimmigen Landtagsbeschluss für ein Nothilfeprogramm in
Höhe von 500 Millionen Euro sei eine Woche vergangen, betonte
Stegner. «Für eine «Sofort»-Hilfe ist das ein unzureichendes Tempo.
»
Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) müsse dafür sorgen, dass die
Antragstellung unverzüglich starten könne. «Wichtig ist auch, dass
bei der Abstimmung der verschiedenen Programme von Bund und Land alle
die Hilfe bekommen, die sie brauchen und niemand auf der Strecke
bleibt», forderte Stegner.