Corona-Krise und kein Ende - Aber Abi in NRW soll stattfinden

Der Ausnahmezustand in NRW hält an: Fast 9500 Corona-Infizierte und
kein Ende des Anstiegs. Auch in der Wirtschaft schlagen die
Auswirkungen der Krise jetzt voll durch - aber die Abi-Prüfungen sind
so gut wie gesetzt.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Schulen wegen Corona noch geschlossen, die
Kinder lernen zu Hause - aber Nordrhein-Westfalen will die
Abiturprüfungen nach Möglichkeit stattfinden lassen. Diese Botschaft
hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) an die 90 000 angehenden
Abiturienten im Land gesendet. Ob die Prüfungen wie bislang geplant
direkt nach den Osterferien beginnen oder verschoben werden, will das
Ministerium bis Freitag entscheiden. Unterdessen schlägt die Krise
voll auf die Geschäfte der Unternehmen durch. Rund drei Viertel der
NRW-Firmen werden nach Schätzungen von der Corona-Krise stark oder
sehr stark getroffen. Und die Ordnungsämter haben einiges zu tun, um
die Verbote im Zuge der Corona-Krise durchzusetzen.

«Die momentane Ausnahmesituation ist für alle Schülerinnen und
Schüler eine große Herausforderung, die zugleich mit vielen
Belastungen und Ungewissheiten verbunden ist», sagte Schulministerin
Gebauer am Mittwoch mit Blick auf die Abschlussprüfungen der Schüler.
Das Ziel sei aber weiterhin, auf der Grundlage von Prüfungen zu einem
Abitur zu kommen - also nicht auf die Abiturprüfungen zu verzichten
und die Abschlussnote anders zu ermitteln. Diese Position teilten am
Mittwoch alle 16 Bundesländer. Die Landesschülervertretung ist
mehrheitlich für eine Verschiebung der Abiturklausuren.

Wie sehr die NRW-Wirtschaft unter den Folgen der Corona-Pandemie
leidet, machte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP)
deutlich: «Wir steuern auf den stärksten Rückgang der
Wirtschaftsleistung seit dem Zweiten Weltkrieg zu», sagte er.
Betroffen seien die ganz großen Konzerne ebenso wie
Kleinstunternehmen, Solo-Selbstständige und Unternehmensgründer. Die
staatlichen Soforthilfen für kleine Unternehmen und Selbstständige
sollen ab Freitagmittag digital beantragt werden können.

Große Sorgen gibt es auch in der Landwirtschaft: Es fehlen dringend
benötigte Erntehelfer. «Die Situation ist im Moment sehr angespannt»,

sagte Peter Muß vom Provinzialverband Rheinischer Obst- und
Gemüsebauer in Bonn. Nun werde sogar überlegt, selbst Flugzeuge zu
chartern, um Helfer nach NRW zu holen. Allerdings seien Erntehelfer,
die aus Rumänien nach Deutschland kommen wollten, gar nicht in die
Flugzeuge gelassen worden.

Die Ordnungsämter im Land kämpfen unterdessen noch mit viel
Unvernunft bei einigen Menschen: Nachdem das Land die
Infektionsschutzmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie in dieser Woche
verschärft und Kontaktverbote erlassen hat, sind Ordnungsämter und
Polizei hundertfach gegen Menschenansammlungen vorgegangen. So
stoppte die Polizei in Duisburg eine Feier in einer Bar, in der sich
hinter heruntergelassenen Rollläden 17 Menschen aufhielten. In Essen
löste die Polizei ein Trinkgelage im Stadtgarten auf. Viele Beamte
haben aber auch den Eindruck, dass die meisten Menschen den Ernst der
Situation verstehen.

Mit Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) warnte aber
auch ein erster prominenter Politiker deutlich vor den
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Einschränkungen:
«Ich befürchte, lange wird unser Land einen nahezu vollständigen
Shutdown nicht überstehen», schrieb er in einem Gastbeitrag für die
«Rheinische Post» (Mittwoch). Die «vollmundig angekündigten
großzügigen staatlichen Rettungsschirme» würden mangels staatlicher

Einnahmen auf Dauer wohl nicht durchzuhalten sein. Hinzu komme wegen
der Kontaktverbote bereits eine «signifikante Zunahme» von Maßnahmen

wegen häuslicher Gewalt.

Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Infektionen in
Nordrhein-Westfalen stieg am Mittwoch auf 9686. Nach Angaben des
Landes-Gesundheitsministerium sind im Vergleich zum Vortag (jeweils
Stand 16:00 Uhr) 599 Fälle dazu gekommen. Die Zahl der Todesfälle
stieg um 12 auf 66.

Bis die Pandemie ihren Höhepunkt erreicht, erwartet das Aachener
Universitätsklinikum noch einen massiven Anstieg schwerkranker
Infizierter. Kleinere Krankenhäuser in NRW sollen bei der komplexen
Versorgung von Corona-Patienten Unterstützung durch die
Universitätskliniken Aachen und Münster bekommen. Die landesweit rund
200 Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung können Experten der
Unikliniken in Videokonferenzen um Rat fragen, wie
NRW-Gesundheitsministerium und das Uniklinikum Aachen mitteilten.

Auch die Gefängnisse im Land müssen Vorkehrungen treffen. Wegen der
Corona-Krise will die NRW-Landesregierung Häftlinge vorzeitig
freilassen. Er brauche für den Fall eines Corona-Ausbruchs im
Strafvollzug rund 1000 freie Zellen, um Quarantänezonen schaffen zu
können, sagte Justizminister Peter Biesenbach (CDU). Deswegen soll
die Haft für minder schwere Fälle mit Strafen bis eineinhalb Jahren
Haft unterbrochen werden, wenn sie ohnehin bis Ende Juli verbüßt
wäre. Dies gelte nicht für Sexualstraftäter und schwere Gewalttäter

sowie Abschiebe-Kandidaten.

NRW-Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) warnte vor
Betrügern und Geschäftemachern in der Corona-Krise. Die Polizei
berichte von Betrügern am Telefon oder an der Haustür, die unter dem
Vorwand von Corona-Vorsichtsmaßnahmen ihre Hilfe anböten oder sich
als Verwandte ausgäben. Und die Ministerin forderte die Verbraucher
auf, Hamsterkäufe zu unterlassen. Es gebe keine Versorgungskrise.

In Aachen wurde die Karlspreisverleihung an den rumänischen
Präsidenten Klaus Iohannis (21. Mai) verschoben. Auch das größte
Reitturnier der Welt, der CHIO in Aachen wird wegen der
Coronavirus-Pandemie verlegt, soll aber noch in diesem Jahr
ausgetragen werden. Als weitere große Kulturveranstaltung sind wegen
der Corona-Pandemie die Ruhrfestspiele in Recklinghausen im
Frühsommer abgesagt worden. Momentan wird nach Angaben der
Festivalleitung geprüft, ob Teile des Programms auf den Herbst
verschoben werden können.