Ansturm auf Corona-Hilfen erwartet - Neue Infektionen in Hessen

Die Hessen halten sich in der Coronakrise weitgehend an die strengen
Kontaktregeln. Trotzdem gibt es neue Infektionen. Gleichzeitig laufen
in den Kliniken die Vorbereitungen, falls die Fallzahlen in die Höhe
schnellen.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Das Coronavirus wirkt sich weiter auf fast alle
Lebensbereiche in Hessen aus. Während die Zahl der Infizierten
steigt, stehen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen weiter im
Fokus. Die wichtigsten Themen des Tages zu Covid-19 im Überblick:

HILFE FÜR WIRTSCHAFT

Die schwarz-grüne Koalition rechnet mit einem riesigen Ansturm auf
die finanziellen Hilfsprogramme für die Wirtschaft in der
Corona-Krise. Der Großteil der Unternehmer im Land sei von den
wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen,
erklärten Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) und
Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) am Mittwoch in Wiesbaden. Bei
vielen Betroffenen gehe es nicht nur um leere Auftragsbücher oder
geschrumpfte Einnahmen, sondern um die Existenz. Er rechne mit weit
über 200 000 Betrieben in Hessen, die wegen der Corona-Krise die
Hilfsprogramme von Bund und Land beantragen werden, sagte der
Finanzminister. Die Zahl der potenziellen Antragsteller liege
insgesamt bei rund 250 000 Firmen in Hessen.

FALLZAHLEN UND TODESFÄLLE

In Hessen haben sich weitere Menschen mit dem Coronavirus angesteckt.
Die Zahl der bestätigten Fälle lag am Mittwoch (Stand 14.00 Uhr) bei
1909, wie das Sozialministerium mitteilte. Damit gab es 292 mehr
Infizierte als am Vortag. Die Zahl der Todesfälle, die auf den
Erreger Sars-CoV-2 zurückgeführt werden, stieg auf sechs. Die Stadt
Frankfurt meldete mit 212 Fällen die meisten Infizierten, gefolgt vom
Landreis Groß-Gerau (118) sowie den Kreisen Limburg-Weilburg und
Fulda (beide 110). Die wenigsten Fälle - zehn - wurden bislang im
nordhessischen Werra-Meißner-Kreis registriert.

KONTAKTVERBOT

Im Kampf gegen die Corona-Krise halten sich nach Einschätzung des
Innenministeriums fast alle Hessen an die strengen Kontaktregeln.
Landesweit seien in den zwei Tagen seit Inkrafttreten am Montag 179
Verstöße registriert worden. In diesen Fällen seien Menschengruppen
mit mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit angetroffen worden,
die nicht zu einem Hausstand zählen oder geschäftlich unterwegs sein
müssen. «Die Betroffenen reagierten fast alle nach der Ansprache
durch die Polizei verständnisvoll und lösten die Zusammenkünfte auf
oder hielten sich danach an den wichtigen Abstand von mindestens 1,5
Metern», erklärte das Ministerium. Sieben Menschen mussten den
Angaben zufolge zeitweise in Gewahrsam genommen werden, weil sie zum
Beispiel Widerstand gegen die Anweisungen der Beamten leisteten.

KLINIKEN RÜSTEN SICH

Krankenhäuser in Hessen rüsten sich für einen Zustrom von
Coronavirus-Patienten. Die Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden
etwa wollen schon beim Einlass Patientenströme trennen und solche mit
Atemwegsinfekten auf separate Infektionsstationen leiten. Auch das
Universitätsklinikum Frankfurt und das Klinikum Darmstadt hatten
bekanntgegeben, Vorkehrungen zu treffen. Deutschlands größter
privater Klinikbetreiber Fresenius Helios verzeichnet derweil keinen
Andrang von Coronavirus-Patienten. «Es tut sich was, aber wir
verzeichnen noch keinen sprunghaften Anstieg», sagte eine Sprecherin.

BRIEF AN HESSEN

Landtagspräsident Boris Rhein (CDU) hat sich in einem offenen Brief
an die Bürger in Hessen gewandt und ihnen Mut in der Corona-Krise
zugesprochen. «Uns alle umtreiben Unsicherheit und Ungewissheit. Und
dennoch zeigen Sie alle in besonders hohem Maße Hilfsbereitschaft und
Kreativität», schrieb Rhein in der Veröffentlichung am Mittwoch. «D
as
gibt Zuversicht und berührt auch mich sehr.»

SITUATION IN PFLEGE

Pflegeheime für Senioren und ambulante Pflegedienste in Hessen
stemmen sich bisher erfolgreich gegen eine Verbreitung des
Coronavirus. «Aktuell wurde uns nur eine Handvoll Fälle angezeigt,
sowohl ambulant als auch stationär», sagte Michael Greiner,
Geschäftsstellenleiter Mitte des Landesverbands Ambulante Dienste und
Stationäre Einrichtungen (bad) in Frankfurt am Mittwoch. Betreiber
von hessischen Pflegeeinrichtungen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK)
und die Evangelische Altenhilfe Gesundbrunnen registrierten ebenfalls
nur wenige oder gar keine Infektionen. Allerdings sind in
vielen Einrichtungen die Besuchsmöglichkeiten mittlerweile stark
geschränkt.

KÜNDIGUNGSSTOPP BEI WOHNUNGEN

Nach der Frankfurter ABG Holding kommen auch die Nassauischen
Heimstätten (NH) in der Corona-Krise ihren Mietern entgegen. «Als
Landesunternehmen mit überwiegend öffentlichem Auftrag haben wir eine
Vorbildfunktion und eine besondere gesellschaftliche Verantwortung»,
sagte der Leitende Geschäftsführer Thomas Hain. Der
Unternehmensgruppe mit Sitz in Frankfurt und Kassel gehören rund
59 000 Mietwohnungen in 140 Städten Hessens. Die NH kündigte an, sie

werde «auf Kündigungen und Räumungen, die in Zusammenhang mit der
aktuellen Corona-Krise stehen, verzichten».

Die NH kündigte an, sie werde «auf Kündigungen und Räumungen, die i
n
Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Krise stehen, verzichten».
Sollten Mieter selbst gekündigt haben, aber aktuell nicht umziehen
können, dürfen sie weiter in ihren Wohnungen bleiben, wenn diese
nicht bereits neu vermietet sind. Alle noch nicht ausgesprochenen
Mieterhöhungen würden auf das vierte Quartal verschoben.

MEHR DATENVERKEHR WEGEN KRISE

Am Internet-Knoten in Frankfurt hat sich der Datenverkehr von
Videokonferenzen in der Coronavirus-Krise verdoppelt. Insgesamt sei
der durchschnittliche Datenverkehr um zehn Prozent gestiegen, teilten
die Betreiber des DE-CIX-Knotens am Mittwoch mit. «Die Nutzer sind
nun auch tagsüber häufiger und länger online, das merken wir stark»
,
berichtete Technikchef Thomas King. An Kapazitätsgrenzen stößt der
Internet-Knoten angesichts der Nutzungssteigerung demnach aber nicht.
Die notwendigen Bandbreiten könnten bereitgestellt werden, «selbst
wenn alle Firmen Europas ausschließlich aus dem Home-Office
arbeiteten und nebenher noch ein weltweites sportliches Großevent
übertragen werden würde».

RUHESTÄNDLER WOLLEN HELFEN

Auch aus dem Ruhestand bieten derzeit Ärzte in Hessen ihren Kollegen
Unterstützung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an. «Wir erhalten
täglich viele freundliche Angebote», sagte eine Sprecherin der
Hessischen Landesärztekammer. In Absprache mit dem Sozialministerium
und anderen Partnern baue die Kammer seit Montag eine Datenbank auf,
um darin die eingehenden Unterstützungsangebote systematisch zu
erfassen und bedarfsgerecht als ein Angebot-Pool den «aktiven»
Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung zu stellen, hieß es.

INFIZIERTE BEI LANDESBANK

Im Helaba-Konzern mit seinen mehr als 6000 Beschäftigten haben sich
nach Angaben der Landesbank vom Mittwoch bisher acht Beschäftigte mit
dem Coronavirus infiziert. Allen gehe es gut, sagte der
Vorstandsvorsitzende der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba),
Herbert Hans Grüntker, in einer Telefonkonferenz. Das Institut habe
die technischen Möglichkeiten zur Arbeit im Home Office stark
ausgebaut. «Damit bleibt die Helaba auch in turbulenten Situationen
arbeitsfähig», sagte Grüntker.

ABITURPRÜFUNGEN

Die hessischen Abiturprüfungen sind am Mittwoch wie geplant mit dem
Fach Mathematik fortgesetzt worden. Das bestätigte ein Sprecher des
Kultusministeriums in Wiesbaden. Am Donnerstag steht das Fach
Französisch auf der Agenda. Hessen sehe keinen Konflikt mit den
strengen Kontaktsperren, die die Ministerpräsidenten der Länder und
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende vereinbart hatten,
erklärte der Sprecher.