Abi-Zeitplan in Niedersachsen wackelt

Noch immer ist offen, wann die Schüler ihre Abschlussprüfungen
ablegen sollen. Oder können sie sich den Prüfungsstress sogar sparen?
Das Kultusministerium schiebt die endgültige Entscheidung hinaus.

Hannover (dpa/lni) - Rund drei Wochen vor den ersten Abiturprüfungen
in Niedersachsen ist weiter unklar, ob der Zeitplan angesichts der
Corona-Krise eingehalten werden kann. Das Land will erst bis Freitag
über eine mögliche Verschiebung entscheiden. Das sagte Kultusminister
Grant Hendrik Tonne (SPD) am Mittwoch im Landtag in Hannover. Lehrer
und Schüler bringen sogar eine Absage der Prüfungen ins Gespräch.

Geplant ist, dass die schriftlichen Abiprüfungen am 20. April mit dem
Fach Geschichte beginnen und am 13. Mai mit Sport und Informatik
enden. Wegen der Rückkehr der Gymnasien zum Abi nach 13 Schuljahren
gibt es in diesem Jahr weniger Absolventen im Land als üblich.

Sollten die Schulschließungen bis nach Ostern dauern, wäre eine
Anpassung der Prüfungstermine erforderlich, sagte Minister Tonne.
Dabei sei ihm an einer zwischen den Ländern abgestimmten Lösung
gelegen, betonte er nach einer Telefonschalte der Kultusminister.

Eine Verschiebung um bis zu drei Wochen wäre noch im Rahmen für die
geplante Zeugnisvergabe. Sollte auch das nicht eingehalten werden
können, würden die Prüfungen jedoch entfallen und das Abitur anhand
der Noten in den vier zurückliegenden Schulhalbjahren erteilt. Bei
einer Verschiebung über drei Wochen hinaus müssten auch die
Bewerbungsfristen der Hochschulen angepasst werden.

Viele Schüler könnten mit einer Absage wohl gut leben. «Niemand ist
schlechter gebildet, nur weil er keine Prüfungen geschrieben hat»,
sagte der Vorsitzende des Landesschülerrats, Florian Reetz aus
Braunschweig. Er betonte allerdings, dass der Abschluss dann genau so
behandelt werden müsse wie in den Jahrgängen davor und danach, damit
die diesjährigen Absolventen keinen Nachteil haben.

Der Philologenverband in Niedersachsen hält eine mögliche Absage der
Abiturprüfungen ebenfalls für vertretbar. «Wir müssen akzeptieren,

dass wir in einer Notsituation sind. Je eher wir das akzeptieren,
desto besser ist es», sagte Landeschef Horst Audritz. Es sei «sehr
wahrscheinlich», dass die Prüfungen nicht wie geplant am 20. April
beginnen könnten, sagte Audritz. Spätestens Ende nächster Woche solle

daher über eine Absage oder Verschiebung entschieden werden.

Audritz argumentierte, die beiden Schuljahre vor dem Abi machten
ohnehin bereits zwei Drittel der Abinote aus, und die Abweichungen in
den Abschlussprüfungen seien erfahrungsgemäß gering. «Da muss sich

kein Schüler große Sorgen machen.» Alternativ sei aber auch ein
«Notabi» nur mit mündlichen Prüfungen denkbar.

Auch die Landeschefin der Erziehungsgewerkschaft GEW, Laura Pooth,
ist offen für eine Absage. Das Abitur müsse in Zeiten von Corona auch
ohne gesonderte Prüfungen möglich sein, sagte sie. «Wichtig ist, dass

kein Schüler einen Nachteil davon hat.»

Mehrere Schulen sind derweil bei den Schülern in die Kritik geraten,
weil sie dem Schülerrat zufolge in der Corona-Pause Pflichtaufgaben
erteilen, obwohl das Kultusministerium lediglich freiwillige Übungen
vorgesehen hat. Einige Lehrer hätten zudem angekündigt, die Aufgaben
zu benoten. Das widerspreche den Vorgaben des Ministeriums, in denen
es heißt, die Aufgaben «haben freiwilligen Charakter und dürfen nicht

in die Leistungsbewertung einfließen».

Wer kann, solle sich zwar Zeit nehmen zum Lernen, betonte Ole
Moszczynski, Vorstandsmitglied des Schülerrats. Gerade in der
aktuellen Situation hätten aber viele Schülerinnen und Schüler
weniger Zeit für Hausaufgaben, weil sie etwa auf kleine Geschwister
aufpassen müssen oder sich den Computer zu Hause mit anderen teilen
müssen, sagte Vorstandsmitglied Henriette Jochens.