Wegen Coronavirus: Polen führt Quarantäne auch für Pendler ein

Polen will Pendler, die in Deutschland arbeiten, nach ihrer Rückkehr
in Quarantäne schicken. Viele Berufszweige sind betroffen.
Wirtschaft, Ministerium und Grenzstädte suchen nach Lösungen.

Warschau (dpa/bb) - Wegen der Ausbreitung des Coronavirus will Polen
künftig auch Berufspendler nach einer Rückkehr ins Land in eine
14-tägige Quarantäne schicken. Die seit Einführung der
Grenzkontrollen gültige Ausnahme für diese Gruppe werde aufgehoben,
heißt es in einer Verordnung des Gesundheitsministeriums in Warschau.
«Nur noch bis Freitag können Menschen, die auf der anderen Seite der
Grenze arbeiten, diese frei überqueren», sagte Innenminister Mariusz
Kaminski am Mittwoch in Warschau. Bis dahin hätten die Betroffenen
Zeit, ihre berufliche Situation zu organisieren und sich
beispielsweise mit Hilfe ihrer Arbeitgeber eine Unterkunft im Ausland
zu suchen. Man könne nicht zulassen, dass Polen regelmäßig in ihre
Heimat aus solchen Ländern zurückkehren, wo die Infektionsrate höher

sei.

Ab Freitag können sich Pendler bei den polnischen Gesundheitsämtern
Bescheinigungen über die Quarantäne-Regelungen ausstellen lassen.

Polen hatte am 13. März seine Grenzen für Ausländer geschlossen und
Grenzkontrollen eingeführt. Am Mittwoch hat die Regierung in Warschau
weitere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und ein Kontaktverbot
verkündet. Ansammlungen von mehr als zwei Personen sind nicht mehr
erlaubt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gibt es in Polen
derzeit 957 nachgewiesene Coronavirus-Erkrankungen und 13 Todesopfer.

Unterdessen kündigte das Brandenburger Finanzministerium am
Mittwochabend finanzielle Hilfen für Berufspendler aus Polen an. «Das
Land Brandenburg wird Sie bei der Fortsetzung ihrer beruflichen
Tätigkeit hier bei uns unterstützen. Dafür werden wir auch Geld in
die Hand nehmen», sagte Finanz- und Europaministerin Katrin Lange.
Verschiedene Optionen dazu seien in der Prüfung. Die Ministerin
befürchtet durch die Beschränkungen Polens «schwerwiegende
Auswirkungen». Unklar sei, wie viele polnische Berufspendler in
Brandenburg von den neuen Regelungen des polnischen
Gesundheitsministeriums betroffen sein könnten. Die Anzahl könnte
aber fünfstellig sein.

Agrarminister Axel Vogel rief zum verstärkten Einsatz heimischer
Saisonkräfte auf. Wer es zeitlich ermöglichen könne, sollte sich
überlegen, ob nicht ein kurzzeitiger Einsatz in der Landwirtschaft in
Frage komme. Angesprochen seien auch Studierende, ehemalige
Beschäftigte aus der Landwirtschaft und dem Gartenbau, erklärte
Vogel. Neue Hinzuverdienstgrenzen könnten eine Arbeitsaufnahme auch
finanziell attraktiv machen. Informationen dazu gebe es auf der
Internetseite des Landwirtschaftsministeriums.

Der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder) telefonierte am
Mittwoch umgehend mit seinem Kollegen im polnischen Slubice über die
Situation. Allein in Frankfurt (Oder) gebe es etwa 1250 Grenzpendler,
sagte Rene Wilke (Linke) der Deutschen Presse-Agentur. Die
Einschränkung durch Polen sorge für erhebliche Probleme. Viele Polen
arbeiteten am Klinikum und in der Altenpflege. Ob noch
Sondergenehmigungen für bestimmte Bereiche erreicht werden können,
sei unklar.

Die Stadt suche nach Möglichkeiten, Beschäftigte aus Polen
unterzubringen, sagte Wilke weiter. Doch für die Pendler sei es eine
schlimme Situation: «Menschen müssen entscheiden zwischen Familie und
Einkommen.»

Nach Angaben der Industrie-und Handelskammer Cottbus (IHK) sind in
der Region Cottbus rund 6800 Unternehmen grenznah angesiedelt, im
Landkreis Dahme-Spreewald rund 7500 Unternehmen. «Zahlreiche
Unternehmen von uns sind von den Grenzschließungen direkt betroffen»,
sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Maik Bethke. Auf
Grund der engen wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Partnerland
Polen geht die Kammer davon aus, dass vor allem in den Bereichen
Dienstleistungen, Handel und Tourismus viele Mitarbeiter vor allem
aus Polen beschäftigt werden.