Coronakrise: Mehr soziale Konflikte in Familien befürchtet

Viele Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände sind derzeit
gestrichen. Und niemand weiß, wie lange noch. Das kann sich negativ
auf Menschen auswirken, die eng zusammen leben.

Berlin (dpa/bb) - In Berlin wird durch die derzeitigen
Einschränkungen des Alltags mit einer Zunahme der Spannungen in
Familien gerechnet. Das Zusammensein auf engem Raum könne in der
Coronakrise dazu führen, dass soziale Konflikte eher eskalierten,
teilte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) mit. «Wir stellen uns in
dieser Zeit darauf ein, dass Straftaten der häuslichen Gewalt
deutlich zunehmen werden.»

Für diese Fälle werden laut Senator trotz der Pandemie Kapazitäten
bei der Staatsanwaltschaft bereitgehalten - ebenso bei
Zivilgerichten. Oft geht es bei häuslicher Gewalt um Männer, die ihre
Frauen schlagen sowie um verprügelte Kinder.

In einem Interview von «Zeit Online» hatte Behrendt zuvor gesagt,
erste Zahlen aus Italien und China würden den Schluss nahelegen, dass
häusliche Gewalt zunehme. In den Ländern wurde bereits strenger
Hausarrest verordnet.

Beim Opferschutz-Verein Weißer Ring in Berlin hieß es, Betroffene
könnten derzeit wegen der Coronakrise nicht persönlich besucht
werden. Die rund 130 Ehrenamtlichen in der Hauptstadt seien aber im
Einsatz und betreuten Kriminalitätsopfer telefonisch, sagte
Sprecherin Gisela Raimund der Deutschen Presse-Agentur. Auch die
Online-Beratung laufe, so die Landessprecherin. «Wir sind gut
aufgestellt.»

Bislang gibt es laut Verein aber keine verstärkten Meldungen wegen
häuslicher Gewalt. Es könne jedoch rasch reagiert und Unterstützung
organisiert werden. Nach dem Terroranschlag vom Breitscheidplatz 2016
seien in Berlin Szenarien entwickelt worden, so dass die Kontakte zu
anderen Hilfsorganisationen sowie zu Ämtern und Behörden jetzt eng
seien und die Fäden zusammenliefen.

Opfer meldeten sich oft nicht zuerst beim Weißen Ring, sondern eher
bei der Berliner Gewaltschutzambulanz oder der Polizei, hieß es beim
Weißen Ring. Betroffene von häuslicher Gewalt würden sich meist auch

nicht beim ersten Mal melden, sondern erst viel später.

Für das vergangene Jahr registrierte die Polizei in Berlin laut
Kriminalstatistik 15 645 Opfer innerfamiliärer oder häuslicher
Gewalt.