Seniorenheime und Corona: weniger Besucher, neue Regeln Von Anja Sokolow, dpa

Auch in Zeiten der Coronakrise nehmen Berliner Seniorenheime neue
Bewohner auf. Wie bei den Besuchsregelungen ist die Praxis bei
einzelnen Betreibern aber unterschiedlich.

Berlin (dpa/bb) - Trotz der Coronakrise nehmen Berliner Pflegeheime
weiterhin ältere Menschen auf. Heimbetreiber gehen dabei jedoch
unterschiedlich vor, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur
zeigt. Besonders wichtig ist auch bei Neuaufnahmen, wie der
Gesundheitszustand der Senioren ist.

 «Die Einrichtungen leben davon, dass Menschen in ihnen leben»,
betont Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin des Paritätischen
Wohlfahrtverbandes Berlin zum Vorgehen in der Krise. «Sie haben
einen Versorgungsauftrag, den sie verantwortungsbewusst wahrnehmen»,
so Schlimper. Außerdem seien Neuaufnahmen nicht nur wirtschaftlich,
sondern auch menschlich wichtig. Die Bewohner dürfen in der Regel
auch kontrolliert weiterhin Besucher empfangen, andere Häuser
erlauben das nur im äußersten Ausnahmefall.

Zum Paritätischen Wohlfahrtsverband gehören 38 vollstationäre
Pflegeeinrichtungen in Berlin mit rund 5000 Plätzen. Für eine
Neuaufnahme müsse kein ärztliches Attest vorgelegt werden.
Aber: «Wenn jemand hohes Fieber oder Erkältungssymptome hat, wird ein

Arzt hinzugezogen und es muss abgeklärt werden, ob die Person
einziehen kann», so Schlimper.

Auch die Caritas-Altenhilfe nimmt weiterhin Bewohner auf. «Die
Neubewohner müssen aber ohne Infekt sein. Der Hausarzt
muss bestätigen, dass keine gesundheitlichen Bedenken vorliegen»,
sagt Sprecher Thomas Gleißner. 

Alte Menschen zählen zur Hauptrisikogruppe bei einer Infektion mit
dem Coronavirus. Am Wochenende war bekannt geworden, dass in einem
Pflegeheim in Würzburg neun Menschen nach einer solchen Infektion
starben. Sie hätten Vorerkrankungen gehabt und seien über 80 Jahre
alt gewesen, hatte es von der Altenpflegeeinrichtung geheißen.

In den Berliner Einrichtungen von Vivantes muss der
Gesundheitszustand der neuen Bewohner abgeklärt sein, wie Referentin
Mischa Moriceau berichtet. Sollten Bewohner nach ihrem
Einzug grippale Symptome entwickeln oder positiv auf das Coronavirus
getestet werden, gebe es die Möglichkeit einer isolierten
Unterbringung in den Hauptstadtpflegehäusern und bei Bedarf einer
Verlegung ins Krankenhaus.

Besondere Regeln gibt es derzeit auch für den Möbel-Transport:
Mitarbeiter von Transportunternehmen müssen laut Moriceau ihre
Alltagskleider gegen Dienstkleidung tauschen. «Mitgebrachte Möbel
werden entsprechend der Hygienemaßgaben gereinigt.»

Zum Schutz der Bewohner und Mitarbeiter sind in den
Hauptstadtpflegehäusern von Vivantes derzeit Besuche nur bei
schwersterkrankten Bewohnern in Abstimmung mit der
Einrichtungsleitung und den Ärzten möglich. 

«Kein Besuch - menschlich ist das gar nicht durchzuhalten. Die
Bewohner haben nur noch eine begrenzte Zeit zum Leben», sagt Gabriele
Schlimper. In den Heimen unter dem Dach des Paritätischen sind
Besuche erlaubt, pro Tag eine Stunde lang. «Allerdings dürfen nicht
20 Personen auf einmal kommen», so Schlimper. Besucher müssen sich
anmelden und sollten einzeln kommen. Auch hier gelte: Wer
augenscheinliche Erkältungssymptome zeige, solle ein Heim nicht
betreten. 

Auch bei der Caritas sind Besuche erlaubt: einmal am Tag von einer
Person für eine Stunde, nicht von Kindern unter 16 Jahren und nicht
von Menschen mit Atemwegsinfektionen.   

Laut Schlimper wäre die Diskussion um Besuche nicht nötig, wenn es
ausreichend Schutzkleidung und Desinfektionsmittel gäbe. Das sei
leider nicht der Fall. «Wenn man jeden Bewohner, Besucher und
Mitarbeiter zum Beispiel mit Masken und Handschuhen ausstatten
könnte, hätten wir die Probleme nicht», so die Geschäftsführeri
n. 

Bei Vivantes sieht die Situation nach eigener Darstellung anders aus:
Dort habe man sich bereits bevorratet, als in Europa erste
Verdachtsfälle gemeldet wurden.