Land schreibt Einlasskontrollen und Besuchsverbot vor

Fast jeden Tag ändern sich die Beschränkungen, die helfen sollen, das
neuartige Coronavirus einzudämmen. Ab Mittwoch gelten nun neue
Vorschriften, auf die Sachsen-Anhalter etwa beim Einkaufen achten
müssen.

Magdeburg (dpa/sa) - Noch steigen die Infektionen mit dem Erreger
Sars-CoV-2 in Sachsen-Anhalt - und zwar deutlich. Am
Dienstagnachmittag gab es 377 bestätigte Fälle, am Vortag waren es
noch knapp über 300. «Genau um diese Zahl, die noch täglich steigt,
geht es, wir wollen sie nicht mehr steigen lassen», sagte
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Dienstag und begründete
damit einschneidende Beschränkungen. Zu den bekannten Vorgaben zu
geschlossenen Einrichtungen und Verhaltensregeln kommen einige
Änderungen dazu. Sie treten in der Nacht zu Mittwoch in Kraft.

Was ändert sich akut?

Sachsen-Anhalter müssen sich auf Einlasskontrollen bei Supermärkten,
Drogerien, Post, Bank und Baumarkt einstellen. Die neue
Landesverordnung schreibt eine Höchstzahl an Kunden im Geschäft vor.
Demnach müssen die Läden mit Einlasskontrollen sicherstellen, dass
sich nie mehr als ein Kunde je zehn Quadratmeter Verkaufsfläche im
Markt aufhält. Damit soll der allgemein geltende Sicherheitsabstand
von 1,5 Metern auch in den Geschäften gewährleistet werden, um das
Ansteckungsrisiko mit dem neuartigen Coronavirus zu minimieren, wie
Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) die neuen Vorgaben
begründete. Die Läden sind zudem angehalten, Warteschlangen, etwa an
den Kassen, möglichst kurz zu halten.

Wie weit reicht meine Bewegungsfreiheit?

Bis zum 5. April gelten die neu erlassenen weitgehenden
Kontaktsperren. Das heißt, die Sachsen-Anhalter dürfen sich im Freien
nur mit einer Person bewegen, die nicht mit ihnen unter einem Dach
lebt. Zudem ist es nur noch aus triftigen Gründen erlaubt, die eigene
Wohnung zu verlassen: Einkäufe, dringende Arztbesuche sowie besondere
familiäre Anlässe zählen ebenso darunter wie Spaziergänge und Sport

an der frischen Luft. «Sie sind nicht eingesperrt zuhause», betonte
Gesundheitsministerin Grimm-Benne.

Dabei sei es durchaus zulässig, auf direktem Wege auch etwas
entfernte Parks und Ausflugsziele anzusteuern, sagte eine Sprecherin
des Sozialministeriums. Das sollte mit Augenmaß passieren. «Wer in
Wittenberg wohnt, kann ins Wörlitzer Gartenreich fahren, aber von
Zeitz möglichst bitte nicht an den Arendsee», nannte sie Beispiele.
Ministerin Grimm-Benne betonte, dass der Aufenthalt im eigenen
Kleingarten ebenso erwünscht ist wie Grabpflege auf dem Friedhof.

Was ändert sich für Familien?

Ab jetzt können mehr Eltern die Notbetreuung in den geschlossenen
Kitas und Schulen in Anspruch nehmen. So ist eine Notbetreuung jetzt
auch möglich, wenn nur ein Elternteil in einem medizinischen,
pharmazeutischen oder veterinärmedizinischen Beruf arbeitet.
Ansonsten gilt wie bisher, dass nur Familien auf die Notbetreuung
zugreifen können, bei denen beide Eltern in unverzichtbaren Berufen
arbeiten. Zudem hat die Landesregierung entschieden, die Kitas und
Schulen eine Woche länger als bisher geschlossen zu lassen. Sie
sollen frühestens am 20. April wieder öffnen. Begründung: Solange
gelten auch die Schließungsanordnungen für Läden, Bars, Kultur- und
Freizeiteinrichtungen sowie Friseure.

Kommt eine landesweite Regelung für die Kita-Gebühren?

Ja und Nein. Ja, weil die Landesregierung jenen Familien mit den
Elternbeiträgen finanziell helfen will, die besonders hart von den
Corona-Folgen betroffen sind. Sozial- und Innenministerium sind
beauftragt, eine entsprechende Lösung zu erarbeiten, wie
Regierungschef Haseloff ankündigte. Wie die genau aussehen wird und
wer davon profitiert, ist damit noch offen. Das Land will aber nicht
generell einspringen und die Elternbeiträge trotz geschlossener Kitas
übernehmen. Das war zuletzt von einigen Landtagsabgeordneten
gefordert worden. Einige Kommunen haben bereits entschieden, den
Eltern die Kitagebühren für die Zeit der Schließung zu erlassen.

Was passiert, wenn ich gegen die Regeln verstoße?

Verstöße gegen die Verordnung werden als Straftat eingestuft. Das
Gesetz sieht Geldstrafen und bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe vor.
Diese Möglichkeit solle jedoch nur bei schweren Verstößen genutzt
werden, sagte Ministerin Grimm-Benne. Als Beispiel nannte sie, wenn
sich Menschen im Freien weiterhin in großen Gruppen zu sogenannten
Corona-Partys treffen oder Picknicks veranstalten. Dann müsse die
Polizei die Möglichkeit haben, mit einer Strafanzeige zu reagieren,
sagte Grimm-Benne. Polizei und Ordnungsamt sind seit Tagen und zum
Teil in gemeinsamen Teams im Land unterwegs, um über die Regeln zu
informieren und sie zu kontrollieren. Bisher berichteten Polizei und
Ordnungsamt jedoch, dass die meisten Menschen einsichtig und
vernünftig auf Aufforderungen und Hinweise reagierten.

Was wird getan, um besonders gefährdete Menschen zu schützen?

Sachsen-Anhalt verbietet jetzt auch Besuche in Pflege- und
Alteneinrichtungen. Für Krankenhäuser gilt das schon länger. Alte und

kranke Menschen gelten als besondere Risikogruppen und sollen daher
besonders vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt werden.
Ausnahmen seien in Einzelfällen möglich, sagte Ministerin Grimm-Benne
und warb um Verständnis. Zudem gelte die Bitte, dass möglichst viele
Pflegebedürftige aus der Tagespflege genommen werden. Ähnlich wie bei
den Kindern sollten Angehörige versuchen, ihre Eltern und Großeltern
zunächst möglichst zuhause zu betreuen.

Wie will Sachsen-Anhalt finanziell helfen?

Schon von Montag (30.03.) an sollen Betriebe beim Land Anträge
stellen können, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind.
Das kündigte Regierungschef Haseloff an. Zunächst sollen Formulare im
Netz bereit gestellt werden, die ausgefüllt werden können.
Schrittweise soll die Beantragung komplett online möglich sein. Das
Land plant sowohl Soforthilfen, die vor allem Solo-Selbstständigen
sowie kleinen und mittelständischen Betrieben zugute kommen sollen.
Zudem versicherte Haseloff erneut, dass das Land auch für Schäden
aufkommen wird, die durch die angeordneten Schließungen von Läden und
Einrichtungen entstehen.

Wie genau die wirtschaftlichen Hilfen aussehen, will das Land am
Donnerstag vorstellen. Die Regierung hat sich nur wenige Tage nach
Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/2021 dafür entschieden, den
Etat um 500 Millionen Euro aufzustocken, um auf die Corona-Pandemie
reagieren zu können. Schon kommende Woche soll der Landtag einen
Nachtragshaushalt in Höhe von 500 Millionen Euro beschließen, wie
Finanzminister Michael Richter (CDU) ankündigte.