Brasiliens Präsident Bolsonaro ruft zu Rückkehr zur Normalität auf

Rio de Janeiro (dpa) - Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro
hat das Coronavirus erneut verharmlost und die Ausgangsbeschränkungen
kritisiert. Bolsonaro beschuldigte in einer Fernsehansprache am
Dienstagabend (Ortszeit) die Medien, ein Gefühl der Angst zu
verbreiten und forderte dazu auf, zur Normalität zurückzukehren.
«Wenn ich mich mit dem Virus infiziere, bekomme ich nur eine
'gripezinha' (kleine Grippe) oder ein 'resfriadinho' (kleine
Erkältung)», sagte der Präsident, während Tausende Brasilianer in
mehr als einem Dutzend Städten wieder protestierten. Es war der achte
Tag in Folge der sogenannten panelaços, bei denen die Menschen auf
Töpfe und Pfannen schlugen; auch «Lügner» und «Bolsonaro raus»
-Rufe
wurden aus den offenen Fenstern laut.

Der Unmut hatte sich vor knapp einer Woche an dem aus der Sicht der
Demonstrierenden laxen und widersprüchlichen Umgang des Präsidenten,
aus dessen Delegation in die Vereinigten Staaten mindestens 23
Mitglieder positiv getestet wurden, mit dem Coronavirus entzündet.
Einige bundesstaatliche und kommunale Verantwortliche sollten das
«Konzept der verbrannten Erde» aufgeben, sagte Bolsonaro im
Fernsehen. Während er die Covid-19-Pandemie wiederholt
herunterspielt, haben einzelne Bundesstaaten und Städte restriktive
Maßnahmen umgesetzt. So verhängte der Gouverneur des Bundesstaates
São Paulo, der mehr als 40 Millionen Einwohner hat, am Samstag als
erster weitgehende Ausgangsbeschränkungen.

Sie sollen von Dienstag an für 15 Tage gelten. Rio de Janeiro hat
sich innerhalb einer Woche weitgehend isoliert, Schulen und Geschäfte
geschlossen, Verkehr zu Land und zu Luft unterbrochen, die Bewohner
dazu aufgefordert, zu Hause zu bleiben. «Die Risikogruppe sind
Personen über 60 Jahre. Wozu Schulen schließen?», sagte Bolsonaro.
Wie oft in Lateinamerika, wenn die Institutionen nicht funktionieren,
ist die Solidarität unter den Menschen jedoch groß. Vielen schränken

sich freiwillig ein. Die Zahl der Infizierten in Brasilien hat
zuletzt 2000 überschritten, 46 Menschen sind bislang gestorben.