Einlasskontrollen, späteres Abi, Besuchsverbot - Neue Corona-Regeln Von Franziska Höhnl, dpa

Fast jeden Tag ändern sich die Beschränkungen, die gelten, um das
neuartige Coronavirus einzudämmen. Auch am Dienstag hat die
Landesregierung Regeln beschlossen. Sie betreffen unter anderem
Familien, Abiturienten - und die Einkaufsregeln.

Magdeburg (dpa/sa) - Noch steigen die nachgewiesenen Infektionen mit
dem Erreger Sars-CoV-2 in Sachsen-Anhalt - und zwar deutlich. Am
Dienstagnachmittag gab es 377 bestätigte Fälle, am Vortag waren es
noch knapp über 300. «Genau um diese Zahl, die noch täglich steigt,
geht es, wir wollen sie nicht mehr steigen lassen», sagte
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und begründete damit
einschneidende Beschränkungen. Es müsse noch einige Tage abgewartet
werden, um zu bewerten, ob die Maßnahmen die Kurve abflachen oder gar
den Trend umkehren. Die Sachsen-Anhalter hätten sich bisher gut auf
die befristeten Einschränkungen eingestellt, lobte Haseloff.

Das neuartige Coronavirus wird nur von Mensch zu Mensch übertragen
und die Infektion bricht nach einem bis 14 Tagen aus. Deswegen sollen
die physischen Kontakte minimiert werden. Am Dienstag beriet die
schwarz-rot-grüne Regierung erneut über Beschränkungen und erließ
eine neue Verordnung. Was gilt jetzt?

Frage: Was ändert sich für Familien und Schüler?

Antwort: Zwei Entscheidungen der Landesregierung sind besonders
wichtig für Familien sowie Schülerinnen und Schüler. Erstens: Schulen

und Kitas bleiben eine Woche länger geschlossen als geplant. Statt
nach dem Ostermontag (13.04.) sollen sie frühestens am 20. April
öffnen. Die Regierung begründet das damit, dass auch die meisten
anderen Beschränkungen bis zum 19. April gelten und die Termine
vereinheitlicht werden sollen.

Gleichzeitig erweitert das Land für einige Familien die Möglichkeit,
Kinder bis 12 Jahre trotzdem in Kitas und Schulen betreuen zu lassen.
So ist eine Notbetreuung jetzt auch möglich, wenn nur ein Elternteil
in einem medizinischen, pharmazeutischen oder veterinärmedizinischen
Beruf arbeitet. Ansonsten können Familien nur auf die Notbetreuung
zugreifen, wenn beide Eltern in unverzichtbaren Berufen arbeiten.

Zweitens: Wegen der längeren Schulschließungen entschied sich das
Bildungsministerium dafür, jetzt doch auch die Abiturprüfungen zu
verschieben. Statt am 27. April sollen die schriftlichen Tests jetzt
voraussichtlich einige Tage später starten. Zudem soll jeder der rund
5700 Abiturientinnen und Abiturienten wählen können, ob er die ersten
Termine nutzt oder sich erst im Juni prüfen lässt. Zuvor hatte das
Ministerium bereits entschieden, die Prüfungen für den
Realschulabschluss um drei Wochen zu verschieben. Die rund 8000
Jugendlichen sollen jetzt am 11. Mai in die Prüfungen starten.

Frage: Kommt eine landesweite Regelung für die Kita-Gebühren?

Antwort: Ja und Nein. Ja, weil die Landesregierung jenen Familien mit
den Elternbeiträgen finanziell helfen will, die besonders hart von
den Corona-Folgen betroffen sind. Sozial- und Innenministerium sind
beauftragt, eine entsprechende Lösung zu erarbeiten, wie
Regierungschef Haseloff ankündigte. Wie die genau aussehen wird und
wer davon profitiert, ist damit noch offen. Nein, weil das Land nicht
generell einspringen und die Elternbeiträge trotz geschlossener Kitas
übernehmen will. Das war zuletzt von einigen Landtagsabgeordneten
gefordert worden. Einige Kommunen haben bereits entschieden, den
Eltern die Kitagebühren für die Zeit der Schließung zu erlassen.

Frage: Wie weit reicht meine Bewegungsfreiheit?

Antwort: Bis zum 5. April gelten die neu erlassenen weitgehenden
Kontaktsperren. Das heißt, die Sachsen-Anhalter dürfen sich im Freien
nur mit einer Person bewegen, die nicht mit ihnen unter einem Dach
lebt. Zudem ist es nur noch aus triftigen Gründen erlaubt, die eigene
Wohnung zu verlassen: Einkäufe, dringende Arztbesuche sowie besondere
familiäre Anlässe zählen ebenso darunter wie Spaziergänge und Sport

an der frischen Luft. «Sie sind nicht eingesperrt zuhause», betonte
Gesundheitsministerin Grimm-Benne.

Dabei sei es durchaus zulässig, auf direktem Wege auch etwas
entfernte Parks und Ausflugsziele anzusteuern, sagte eine Sprecherin
des Sozialministeriums. Das sollte mit Augenmaß passieren. «Wer in
Wittenberg wohnt, kann ins Wörlitzer Gartenreich fahren, aber von
Zeitz möglichst bitte nicht an den Arendsee», nannte sie Beispiele.
Ministerin Grimm-Benne betonte, dass der Aufenthalt im eigenen
Kleingarten ebenso erwünscht ist wie Grabpflege auf dem Friedhof.

Frage: Was ändert sich bei Einkäufen?

Antwort: Gaststätten bleiben dicht und dürfen nur noch Essen außer
Haus per Lieferung oder Abholung verkaufen. Auch die meisten Läden
müssen weiter geschlossen bleiben, Sachsen-Anhalt bleibt aber bei den
bisherigen Ausnahmen. Anders als in anderen Bundesländern dürfen
damit auch Garten- und Baumärkte sowie Buchläden weiter öffnen, wie
aus der Verordnung hervorgeht. Allerdings müssen die Läden jetzt
sicherstellen, dass nur ein Kunde pro 10 Quadratmeter Verkaufsfläche
im Geschäft ist. Die Sachsen-Anhalter müssen sich auf entsprechende
Einlasskontrollen einstellen. Die Läden sollen zudem darauf achten,
dass der Sicherheitsabstand von 1,50 Metern eingehalten wird und sich
möglichst wenig Warteschlangen bilden.

Frage: Was passiert, wenn ich gegen die Regeln verstoße?

Antwort: Verstöße gegen die Verordnung werden als Straftat
eingestuft. Das Gesetz sieht Geldstrafen und bis zu 2 Jahren
Freiheitsstrafe vor. Diese Möglichkeit solle jedoch nur bei schweren
Verstößen genutzt werden, sagte Ministerin Grimm-Benne. Als Beispiel
nannte sie, wenn sich Menschen im Freien weiterhin in großen Gruppen
zu sogenannten Corona-Partys treffen oder Picknicks veranstalten.
Dann müsse die Polizei die Möglichkeit haben, mit einer Strafanzeige
zu reagieren, sagte Grimm-Benne. Bisher berichteten Polizei und
Ordnungsamt jedoch, dass die meisten Menschen einsichtig und
vernünftig auf Aufforderungen und Hinweise reagierten.

Frage: Was wird getan, um besonders gefährdete Menschen zu schützen?

Antwort: Sachsen-Anhalt verbietet jetzt auch Besuche in Pflege- und
Alteneinrichtungen. Für Krankenhäuser gilt das schon länger. Alte und

kranke Menschen gelten als besondere Risikogruppen und sollen daher
besonders vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt werden.
Ausnahmen seien in Einzelfällen möglich, sagte Ministerin Grimm-Benne
und warb um Verständnis. Zudem gelte die Bitte, dass möglichst viele
Pflegebedürftige aus der Tagespflege genommen werden. Ähnlich wie bei
den Kindern sollten Angehörige versuchen, ihre Eltern und Großeltern
zunächst möglichst zuhause zu betreuen.

Frage: Wie will Sachsen-Anhalt finanziell helfen?

Antwort: Schon von Montag (30.03.) an sollen Betriebe beim Land
Anträge stellen können, die besonders von der Corona-Pandemie
betroffen sind. Das kündigte Regierungschef Haseloff an. Zunächst
sollen Formulare im Netz bereit gestellt werden, die ausgefüllt
werden können. Schrittweise soll die Beantragung komplett online
möglich sein. Das Land plant sowohl Soforthilfen, die vor allem
Solo-Selbstständigen sowie kleinen und mittelständischen Betrieben
zugute kommen sollen. Zudem versicherte Haseloff erneut, dass das
Land auch für Schäden aufkommen wird, die durch die angeordneten
Schließungen von Läden und Einrichtungen entstehen.

Wie genau die wirtschaftlichen Hilfen aussehen, will das Land am
Donnerstag vorstellen. Die Regierung hat sich nur wenige Tage nach
Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/2021 dafür entschieden, den
Etat um 500 Millionen Euro aufzustocken, um auf die Corona-Pandemie
reagieren zu können. Schon kommende Woche soll der Landtag einen
Nachtragshaushalt in Höhe von 500 Millionen Euro beschließen, wie
Finanzminister Michael Richter (CDU) ankündigte.

Frage: Warum gibt es schon wieder eine neue Verordnung?

Antwort: Hauptziel ist es, die vielen nacheinander erlassenen
Regelungen und Empfehlungen in eine einzige Verordnung zu gießen,
erklärte Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD). So wurden die
seit einer Woche geltenden Einschränkungen mit den neuen Regeln der
vergangenen Tage zusammengeführt. Zudem wurden einige Vorgaben
präziser formuliert, um den Sachsen-Anhaltern die Unsicherheit bei
der Umsetzung zu nehmen. Einige Regeln kommen auch neu hinzu. Die
Verordnung gilt ab Mittwoch bis einschließlich 19. April.