Kontaktverbot ab Mittwoch - Kita-Gebühren werden ausgesetzt

Mit einer neuen Grundverordnung setzt Thüringen Bestimmungen um, auf
die sich Bund und Länder bereits am Sonntag einigten. Maximal zwei
Menschen, die nicht zusammen in einem Haushalt wohnen, sollen sich
treffen dürfen. Gebühren für die geschlossenen Kindergärten will da
s
Land ersetzen.

Erfurt (dpa/th) - Die Thüringer Landesregierung schränkt das
öffentliche Leben wegen der Coronavirus-Pandemie weiter ein und
reglementiert die sozialen Kontakte der Thüringer. Im öffentlichen
Raum dürfen sich Menschen ab Mittwoch nur noch alleine, zu zweit oder
im Kreise der Angehörigen des eigenen Haushalts aufhalten. Eine
entsprechende Grundverordnung passierte das Regierungskabinett am
Dienstag in Erfurt. Sie soll am Mittwoch in Kraft treten und bis zum
8. April gelten. Damit setzt die Landesregierung die von Bund und
Ländern am Sonntag vereinbarten Bestimmungen um. Die Corona-Krise
bestimmt seit Wochen die Landespolitik. Das Kabinett verständigte
sich über die weiteren Schritte - ein Überblick:

KONTAKTVERBOT

Menschen, die wie etwa Familien in einem gemeinsamen Haushalt leben,
können weiterhin zusammen auf die Straße gehen. Ansonsten ist ab
Mittwoch im öffentlichen Raum nur noch Kontakt zu einer weiteren
Person erlaubt. «Es geht um zwei fremde Personen», sagte Ramelow. Vor
Thüringen hatten diese Regelung bereits eine Reihe von anderen
Bundesländern umgesetzt. In der Thüringer Verordnung wird darauf
hingewiesen, dass durch die Regeln mehrere Grundrechte eingeschränkt
werden - etwa die Freiheit der Person, die Versammlungsfreiheit, die
Freizügigkeit und die Unverletzlichkeit der Wohnung.

KITA-GEBÜHREN

Nach dem Willen der Landesregierung sollen zunächst keine Beiträge
mehr für geschlossene Kindergärten und Horte erhoben werden. Auch
darauf verständigte sich das Regierungskabinett am Dienstag. «Wir
werden ein Verfahren suchen, dass die Eltern nicht mehr einzahlen, wo
doch die Leistung gar nicht angeboten wird», sagte Ramelow. Mit den
Trägern der Einrichtungen wolle man sich abstimmen, wie die
finanziellen Verluste ausgeglichen werden können. Im Kabinett sei
vereinbart worden, Gebühren zu ersetzen. Es bedürfe aber einer
«Feinabstimmung», sagte Ramelow. Das Bildungsministerium teilte mit,
dass man die Kommunen und freien Träger darum bitte, die Einziehung
der Beiträge für die Zeit der Hort- und Kindergartenschließungen zu
stoppen. Entsprechende Schreiben würden noch am Dienstag verschickt.
Unklar war zunächst, wie die Eltern das Geld für die bisherige
Schließzeit erstattet bekommen sollen. Eine Sprecherin des
Bildungsministeriums sagte, keinesfalls sollten Eltern ohne
Rücksprache mit dem Kita- oder Hortträger Beitragszahlungen stoppen
oder bereits eingezogene Beiträge zurückbuchen lassen.

ÖFFENTLICHE VERKEHRSMITTEL

Man wolle den Straßenbahn- und Busfahrern in Thüringen ersparen, die
vordere Tür aufzumachen und Bargeld anzunehmen, sagte Ramelow. Die
Grundverordnung sehe auch den Schutz von Mitarbeitern vor, betonte
eine Sprecherin des Thüringer Infrastrukturministeriums. Sie sei so
zu interpretieren, dass der Kontakt von Fahrern zu Fahrgästen
eingeschränkt werden sollte. So sei es ratsam, die vorderen
Einstiegstüren für Fahrgäste zu sperren und den Fahrerbereich
möglichst von den Fahrgästen abzutrennen. Das
Infrastrukturministerium wolle die Landkreise in den nächsten Tagen
darüber informieren, hieß es.

GESCHLOSSENE GESCHÄFTE

Viele Läden bleiben vorerst weiterhin geschlossen - zum Beispiel
Bekleidungsgeschäfte, Restaurants oder Friseure. Bislang waren Bau-
und Gartenmärkte von den Schließungen verschont. Das soll laut
Ramelow auch erst einmal so bleiben. Die Menschen sollen auch
weiterhin die Möglichkeit haben, in ihre Gärten zu gehen. «Wir
wollen, dass die Menschen raus gehen, dass sie Licht, Luft und die
Natur genießen», sagte Ramelow. Auch in Kleingartenanlagen könnten
sich die Thüringer weiter aufhalten, weil der Abstand zwischen den
Gärten ausreichend sei. Ramelow wies aber auch auf einen Erlass vom
Montag hin, nachdem sich die noch geöffneten Geschäfte an strengere
Hygienevorschriften halten müssen.

EINHEITLICHKEIT

Während die bisherigen Erlasse von den Kommunen erst noch umgesetzt
werden mussten, ist die Grundverordnung direkt nach ihrem
Inkrafttreten landesweit gültig. Auch die Regeln des Erlasses vom 19.
März - zum Beispiel die Schließungen von Restaurants,
Bekleidungsgeschäften und Friseuren - sollen in eine landesweit
gültige Verordnung gegossen werden.

INFIZIERTE

«Ich glaube, dass auch bei uns die Fallzahl sprunghaft steigen wird»,
sagte Ramelow am Dienstag, als in Thüringen insgesamt 349 mit dem
Coronavirus infizierte Menschen gezählt wurden. Der Freistaat stehe
im Vergleich zu anderen Ländern damit noch gut da. «Aber es
verschafft uns nur einige Tage Luft.» Innerhalb von 24 Stunden stieg
die Zahl der Infizierten um 86. Zwei der 32 Patienten, die im
Krankenhaus behandelt würden, zeigten einen schweren Verlauf der
Erkrankung.