Hoffenheim ohne Existenzangst: «Wirtschaftlich langer Atem» Von Ulrike John, dpa

Die TSG 1899 Hoffenheim hat in den vergangenen Jahren Spieler wie
Roberto Firmino für viel Geld verkauft - und sich damit ein dickes
Polster geschaffen. Das zahlt sich jetzt in der Corona-Krise aus.

Zuzenhausen (dpa/lsw) - Viele Profifußball-Clubs bangen in der
Corona-Krise schon um ihre Existenz. Die TSG 1899 Hoffenheim sieht
sich für einen möglichen Saisonabbruch in der Bundesliga
wirtschaftlich hingegen bestens vorbereitet. «Wir sind für dieses
Szenario, das in keinster Weise wünschenswert wäre, ohne Fremdkapital
oder Zuschüsse so aufgestellt, dass wir auch das überstehen könnten
»,
sagte Sportchef Alexander Rosen am Dienstag in Zuzenhausen in einer
Telefonschalte mit Journalisten. Dies gelte natürlich «nicht
unendlich» falls die Zwangspause wegen der Corona-Epidemie über die
Sommerpause hinaus anhalte.

Die Kraichgauer haben in den vergangenen Jahren sehr hohe
Transfereinnahmen erzielt, die den einstigen Dorfclub auch von Mäzen
und Milliardär Dietmar Hopp finanziell unabhängig gemacht haben. Die
Hoffenheimer müssen auch nicht befürchten, in einer neuen Spielzeit
keine starke Mannschaft zu haben: Lediglich drei Verträge laufen aus
- die der Ersatztorhüter Michael Esser und Alexander Stolz sowie von
Sebastian Rudy: Der Nationalspieler ist bis zum 30. Juni von Schalke
04 ausgeliehen und möchte gerne bei der TSG bleiben.

«Wenn wir die Transferausgaben extrem reduzieren müssten, hätten wir

eine wirklich schlagkräftige Truppe», sagte Rosen und verwies zudem
auf rückkehrende Leihspieler und Talente aus der eigenen Akademie.
Der 40 Jahre alte Direktor für Profifußball betonte: «Wir haben
wirtschaftlich keinen unendlichen, aber langen Atem.»

Auch ohne die noch nicht verbuchten Millionen-Transfers der
vergangenen Sommerpause hat Hoffenheim im Oktober einen Rekordumsatz
vermeldet. Die TSG erzielte in der Saison 2018/19 nach eigenen
Angaben einen Umsatz von knapp 164 Millionen Euro und einen Gewinn
nach Steuern von mehr als 18 Millionen Euro. Die laufende Spielzeit
2019/2020 wird durch die Verkäufe der Leistungsträger Nico Schulz
(Borussia Dortmund) oder Kerem Demirbay und Nadiem Amiri (beide Bayer
Leverkusen) eine weitere Rekordbilanz bringen.

«Unsere Handlungsweise war immer die des besonnen Wirtschaftens. Aber
natürlich kann keiner eine globale Krise durch einen Virus
vorhersehen», sagte Rosen. Es gebe aktuell keine Kurzarbeit in der
Geschäftsstelle in Zuzenhausen. Auch das Thema Gehaltsverzicht bei
den Profis müsse man «nicht unter Druck aufmachen». Die Hoffenheimer

hatten vergangene Woche einen Hilfsfonds aufgelegt, den nach
Clubangaben auch Hopp und Spieler unterstützen.

Einen Corona-Verdachtsfall hat die TSG derzeit nicht. «Auf keinen
Fall in der Mannschaft und im direkten Umfeld», sagte Rosen. Das
Mannschaftstraining ist auch für diese Woche ausgesetzt, die Profis
könnten aber «in Kleinstgruppen von ein bis zwei Spielern im Slot
hier trainieren».

Dies geschehe natürlich unter Einhaltung aller Vorsichts- und
Hygienemaßnahmen und betreffe Läufe und Übungen im Kraftraum. Auch
verletzte Spieler würden einzeln behandelt. «Wir sind da extrem
gewissenhaft und haben das Geschehen extremst zurückgefahren»,
betonte Rosen. Ansonsten trainieren die Spieler wie bei anderen Clubs
individuell nach Club-Plänen zuhause.