Achter-Ruderer Jakschik: «Lustige Geräuschkulisse in der Stadt» Interview: Heinz Büse, dpa

Vor der Haustür statt auf dem Wasser - Ruder-Weltmeister Malte
Jakschik hat sich ein ungewöhnliches Trainingsquartier für seine
einsamen Runden auf dem Ergometer ausgesucht.

Dortmund (dpa) - Not macht erfinderisch. Weil viele Spitzensportler
aufgrund der Corona-Krise individuell und daheim trainieren müssen,
ist Improvisationstalent gefragt. Einer der vielen Betroffenen, von
denen im Internet mitunter skurrile Trainingsbilder zu sehen sind,
ist Ruder-Weltmeister Malte Jakschik aus dem Deutschland-Achter. Der
26 Jahre alte Maschinenbau-Student hat seinen Trainingsplatz
notgedrungen vom Dortmund-Ems-Kanal in das Dortmunder Kreuzviertel
verlegt. Seine Einheiten zweimal täglich auf dem Ergometer direkt vor
seiner Haustür werden bestaunt - nicht nur im Internet, sondern auch
von den Nachbarn.

Frage: Sie haben sich einen ungewöhnlichen Platz zum Trainieren
direkt vor der heimischen Haustür inmitten eines Wohnviertels
ausgesucht. Passt das Ruder-Ergometer nicht in die Wohnung?

Antwort: «Doch, doch. Aber in der Wohnung habe ich dazu wenig Lust.
Da schwitzt man so, dass man jeden Tag durchwischen muss. Außerdem
ist das Ergo total laut. Ich bin im Januar Vater geworden. Da freut
sich mein Kleiner bestimmt nicht darüber, wenn ich zweimal am Tag für
75 Minuten die Turbine heulen lasse.»

Frage: Und wie reagieren die Nachbarn und Passanten?

Antwort: «Die gucken natürlich. Es ist schließlich auch eher
ungewöhnlich, was sie zu sehen bekommen. Aber im Moment ist ja nicht
so viel los auf den Straßen. Pro Einheit kommen vielleicht ein, zwei
Leute vorbei. Die grüßen nett, gehen aber vorbei.»

Frage: Und was ist mit den Nachbarn?

Antwort: «Die müssen sich ohnehin ihren Teil denken. Ein
Ruder-Kollege wohnt im gleichen Block. Er fährt im Innenhof, ich fahr
nach vorne raus. Und gegenüber gibt es eine Wohngemeinschaft mit
anderen Ruderern. Dort wird auch Ergo gefahren, aber in der Wohnung
und bei offenen Fenstern. Diese Geräuschkulisse mitten in der Stadt
ist wirklich lustig.»

Frage: Im Moment gibt es ja viel Sonne. Was machen Sie denn, wenn es
regnet?

Antwort: «Das muss ich mir dann überlegen. Ich weiß nicht, ob die
Dinger wettertauglich sind. Dann trainiere ich vielleicht im Keller.»

Frage: Ist es nicht im Vergleich zum Teamtraining auf dem Wasser ein
bisschen eintönig, immer nur auf dem Ergo zu sitzen?

Antwort: «Wir Ruderer kennen das aus dem Winter. Die Bewegung auf dem
Wasser ist natürlich viel komplexer. Auch das direkte Zusammenspiel
im Boot kriegen wir mit dem Ergo natürlich nicht hin. Aber es ist das
beste Trainingsgerät, weil es sehr schnell fit macht.

Frage: Wie lange halten Sie das noch durch?

Antwort: «Ich hoffe nicht, dass es eine Dauerlösung ist. Entweder es
gibt bald eine Aussage vom IOC zur Frage, wann die Olympischen Spiele
stattfinden. Oder es gibt eine schon mal angedachte Ausnahmeregelung
für Athleten aus dem A-Kader, dass sie unter besonderen Auflagen
zusammen trainieren dürfen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass
irgendwann mal wieder ein bisschen Normalität einkehrt. Das
schlimmste Szenario wäre es doch, wenn man sich jetzt einen Lauen
macht. Und dann kommt in vier Wochen die Entscheidung, dass die
Spiele doch stattfinden - und man selbst hat nicht alles versucht.»

ZUR PERSON: Malte Jakschik ist seit 2014 Crewmitglied des
Deutschland-Achters. Mit dem Paradeboot des Deutschen Ruderverbandes
gewann der 26 Jahre alte und 1,94 Meter große Modellathlet vom RV
Rauxel drei Weltmeister- und fünf Europameistertitel sowie in Rio
2016 die olympische Silbermedaille.