Lederer: Kultur und Kunst sind existenzielle Lebensmittel

Das Coronavirus gefährdet die kulturelle Infrastruktur in
Deutschland. Berlins Kultursenator Lederer sieht die Kulturszene als
zentral für die Demokratie. Er fordert drastische Anstrengungen.

Berlin (dpa) - Berlins Kultursenator Klaus Lederer fordert für den
Erhalt der Kulturszene über die Coronakrise hinweg ähnliche
Anstrengungen wie bei der Bankenkrise. «2008 war es binnen weniger
Tage möglich, mehrstellige Milliardenbeträge für die Rettung von
Banken bereitzustellen. Wenn das damals möglich war, dann muss es
jetzt möglich sein, diese existenzielle Kulturinfrastruktur zu
sichern», sagte der Linke-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in
Berlin. «Das ist das, worum wir hier kämpfen.»

«Wir arbeiten dran, alles zu vermeiden, dass etwas wegbricht», sagte
Lederer. «Die kulturelle Infrastruktur ist zentral für das
Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft», erläuterte er.

«Gerade im Kulturbereich leben Menschen in besonderer Weise in
prekären Verhältnissen, daraus resultiert eben auch eine besondere
Verpflichtung der öffentlichen Hand von Bund und Ländern, sich um
diese Menschen zu kümmern», sagte der Senator. «Jede Krise hat
natürlich eine soziale Dimension, eine Missachtung dieser sozialen
Dimension wäre sicherlich der schlechteste Weg durch diese Krise.»

Lederer betonte die Bedeutung kultureller Ereignisse. «Die Tatsache,
dass jetzt Beschränkungen existieren, ändert nichts daran, dass
Kultur und Kunst existenzielle Lebensmittel sind und viele Menschen
darauf nicht verzichten wollen.»

Er warb dabei für Beistand jedes Einzelnen für betroffene Künstler
und Institutionen. «Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich jetzt
solidarisch zu zeigen. Karten, die man bezahlt hat, muss man nicht
unbedingt eintauschen. Das Geld kann bei der Kultureinrichtung
bleiben und damit ihre Liquidität sichern», sagte Lederer.

Es gebe auch Möglichkeiten, bei vielen Online-Angeboten zu spenden
und damit zu helfen. «Daran beteiligen sich auch viele. Man kann die
Solidarität in der Gesellschaft ein Stück weit aktivieren, die oft da
ist, auch wenn sie gar nicht so gesehen wird.»

Staatliche Hilfe soll so rasch wie möglich ankommen. «Krisenzeiten
bringen ja manchmal auch Großartiges hervor. Was ich gerade erlebe,
sind ganz hohe Motivation und Kreativität, mit der derzeitigen
Situation umzugehen», sagte Lederer. Die Herausforderung ist immens.
«Wir rechnen mit 220 000 Selbstständigen in Berlin», dazu gehört au
ch
der Kulturbereich. «In Berlin liegt der Anteil von Kunstschaffenden
weit über dem Durchschnitt der Bundesrepublik.» Aktuell werde
versucht, Antragsformulare und Bedingungen so unbürokratisch wie
möglich zu handhaben.

Kreditprogramme zielten eher auf mittelständische Unternehmen. «Da
werden nur wenige Kulturbetriebe davon profitieren. Kredite können
zwar kurzfristig die Liquidität sichern, müssen aber irgendwann
zurückgezahlt werden», sagte Lederer. «Das wird vielleicht bei dem
einen oder anderen Kulturbetrieb gehen, der eine sehr gute
Einnahmesituation hat, also auch Gewinne macht. Das ist aber bei
vielen Kultureinrichtungen nicht der Fall.»

Es gebe noch Alternativen: «Wir haben auch andere Möglichkeiten, die
wir versuchen auszuschöpfen. Es ist möglich, andere Zwecke zu
gewährten Fördermitteln zu definieren, die dann in Anspruch genommen
werden können. Aber noch gibt es nicht die Lösung für die
Kultureinrichtungen.»

«Bund und Länder sind in enger Kommunikation, aber es wird sicherlich
noch ein paar Tage dauern. Es ist ja auch die Frage, wie lange sich
das Ganze noch hinzieht.»