Solidarität im Kampf gegen die Corona-Pandemie - Aber nicht nur Von Petra Kaminsky, Jörn Petring und Ulf Mauder, dpa

Ohne Solidarität geht es im Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht. Da
gibt es bisweilen Kritik an der EU, aber auch politisch Unerwartetes:
russisches Militär im Nato-Land Italien etwa. Die Krise macht vieles
möglich. Doch nicht jede Hilfe ist willkommen.

Rom/Peking/Moskau (dpa) - Zu Dutzenden arbeiten inzwischen Ärzte aus
Russland, China und Kuba in Italien. Sie wollen das Gesundheitssystem
des Landes in der Corona-Krise vor dem Kollaps bewahren. Kliniken in
Deutschland und in der Schweiz nehmen Patienten aus Italien und
Frankreich auf. «Europäische Solidarität rettet Leben», schrieb
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Trotzdem fühlt sich mancher in
der Krise alleine gelassen - auch von der EU. Der Schrecken der
Pandemie führt immer wieder zu Abschottung, hat vielerorts aber auch
große internationale Solidarität ausgelöst.

«From Russia with Love» steht auf den Flug- und Fahrzeugen des
Moskauer Verteidigungsministeriums mit zwei Herzen in den Flaggen
Italiens und Russlands. Dass nun Russlands Militär in einem Nato-Land
agiert, ist angesichts der schweren politischen Spannungen zwischen
Moskau und dem Westen eine kleine Sensation. Als Teil der EU trägt
auch Italien die Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt mit.

Der Kreml betont zwar, dass es hier keine Hintergedanken gebe. Aber
gegen ein Ende der Sanktionen hätte in Moskau niemand etwas - auch
weil die Rohstoffmacht wirtschaftlich angeschlagen ist. Russland
engagiere sich in Italien vor allem auch, um eigene Erfahrungen im
Kampf gegen das dort bisher kaum verbreitete Virus zu erhalten, sagt
Generalleutnant Igor Kirillow. Dem Hilferuf aus Italien kam Kremlchef
Wladimir Putin deshalb und wegen der großen Geste gerne nach.

In Europa ist Italien mit seinen 60 Millionen Einwohnern das am
heftigsten von der Covid-19-Krankheit getroffene Land. Und sowohl
Politik als auch viele Medien zeigten sich enttäuscht, als die
Hilferufe aus Rom bei den Freunden in der EU zu verhallen schienen.
Dass Deutschland - ähnlich wie Frankreich - Anfang März zeitweise
Exportstopps für Material wie Atemschutzmasken, Schutzanzüge und
-brillen verhängte, stieß in Italien auf Unverständnis. Diese
Beschränkungen wurden dann nach EU-Intervention wieder gelockert.

Das Beispiel Italien ist aber nur eines von vielen. Auch andere
Länder haben mehr oder weniger erfreuliche Erfahrungen gemacht mit
Hilferufen.

SERBIEN: Präsident Aleksandar Vucic sorgte mit seiner Kritik an der
EU für Aufsehen und wandte sich verzweifelt dem «Bruder» China zu.
249 Fälle hatte das Land - mit Ärzten am Limit. Er habe Staatschef Xi
Jinping die jahrhundertelange Freundschaft mit dem kleinen Serbien
versprochen im Gegenzug für Hilfe, sagte Vucic - und küsste die
chinesische Fahne. «Die europäische Solidarität gibt es nicht»,
kritisierte er. «Sie war ein Märchen.» Deshalb habe er sich an China

um Hilfe gewandt.

CHINA: Die Volksrepublik, wo das Virus in der Millionenmetropole
Wuhan seinen Ursprung genommen hatte, nimmt inzwischen eine führende
Rolle bei der globalen Hilfe ein. Wie Pekings Außenministerium am
Wochenende mitteilte, wurden 82 Nationen Hilfslieferungen angeboten.

Neben der Italien-Hilfe wurden für die EU weitere zwei Millionen
Masken angekündigt. Sehr aktiv ist auch der chinesische Milliardär
Jack Ma. Der Gründer des Online-Händlers Alibaba hat ebenfalls
Millionen Schutzmasken und andere Hilfsgüter in alle Welt verschicken
lassen. «Es ist nicht länger eine Herausforderung, die ein Land
alleine bewältigen kann. Wir sind jetzt alle gefordert», sagte Ma.

China revanchiert sind mit den Lieferungen auch für massive Hilfen,
die es aus anderen Ländern erhalten hat, als das Coronavirus sich in
Wuhan verbreitete. Dutzende Länder, darunter auch Deutschland,
lieferten medizinisches Equipment.

TSCHECHIEN schickte Anfang März ein Militärflugzeug mit fünf Tonnen
kostenlosen medizinischen Hilfsgütern nach China. Die Initiative ging
auf Präsident Milos Zeman zurück, der gute Beziehungen zu Peking
pflegt. China revanchierte sich jetzt damit, dass es Material aus
seinen Speichern für Tschechien freigab. Um Hilfslieferungen im
eigentlichen Sinne handelt es sich aber nicht, denn die Regierung in
Prag zahlt sowohl für den Transport als auch die medizinischen Güter.

BALTIKUM: Das EU-Land Litauen wiederum erhielt Zehntausende
Schutzmasken und Handschuhe als Spende der chinesischen
Handelskammer. «Unsere Situation ist jetzt stabiler und bessert sich,
obwohl wir Ende Januar und Februar große Schmerzen hatten», sagte
Handelskammer-Chef Haonan Wang mit Blick auf China. Kritik gab es aus
dem Baltikum aber an der Abschottung Polens, das seine Grenze zu den
Nachbarn dicht machte. Viele Litauer, Esten und Letten strandeten
zeitweilig an der deutsch-polnischen Grenze, konnten weder ein- noch
durchreisen - und nicht nach Hause. «Schande über dich, Polen!»,
schrieb in Estland die Tageszeitung «Eesti Päevaleht».

Aber nicht immer ist Hilfe auch willkommen. US-Präsident Donald Trump
sagte am Sonntagabend (Ortszeit), er habe dem Iran und Nordkorea
Unterstützung angeboten. Das gelte auch für andere Staaten. «Wenn sie

Hilfe brauchen, werden wir ihnen Hilfe geben.»

IRAN: Irans oberster Führer hatte kurz zuvor ein Hilfsangebot der USA
abgelehnt und erneut die Möglichkeit in den Raum gestellt, dass die
Amerikaner das Virus selbst verbreitet hätten. «Wir haben viele
Feinde, aber der schlimmste sind die USA (...), und die wollen uns
jetzt helfen», sagte Ajatollah Ali Chamenei im Staatsfernsehen. Das
Land leidet besonders stark unter dem Virus.

Der Iran erwartet von der Weltgemeinschaft nur eine Solidarität:
Druck auf die USA auszuüben, um zumindest während der Corona-Pandemie
die wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Gottesstaat aufzuheben.
«Die US-Sanktionen waren von Anfang an unmenschlich, sind jetzt aber
noch unmenschlicher geworden», sagte Präsident Hassan Ruhani in einer
Botschaft ans amerikanische Volk. Anstatt Hilfsgüter und Experten in
den Iran zu schicken, sollten die USA die Sanktionen aufheben.