MOZUFA/Altmaier will rasche Corona-Hilfen - Fraktionen beraten

Vom Kabinettsbeschluss in wenigen Tagen bis zur Auszahlung - in
Rekordtempo sollen die Corona-Hilfen bei den Unternehmen ankommen.
Die Bürger hoffen derweil zuhause auf baldige Besserung der Lage. Die
Notwendigkeit des Daheimbleibens haben fast alle akzeptiert.

Berlin (dpa) - Die geplanten Milliardenhilfen für die unter der
Corona-Krise leidende Wirtschaft sollen nach Aussage von
Wirtschaftsminister Peter Altmaier schnell bei den betroffenen
Unternehmen ankommen. Der CDU-Politiker setzt darauf, dass die Gelder
nach Beschlussfassungen in Bundestag und Bundesrat schon kommende
Woche bereitstehen.

Das Bundeskabinett hatte am Montag ein riesiges Hilfspaket für
Wirtschaft und Bürger zur Bewältigung der Corona-Krise auf den Weg
gebracht. Am Dienstag beraten die Fraktionen des Bundestages. Am
Mittwoch soll der Bundestag im Schnellverfahren mehrere
Gesetzesvorhaben beschließen und auch eine Notfallregelung für die
Schuldenbremse in Kraft setzen, die dem Bund neue Kredite in Höhe von
156 Milliarden Euro ermöglicht. Am Freitag soll der Bundesrat
zustimmen.

Altmaier sagte am Montagabend in den ARD-«Tagesthemen», er hoffe,
dass die Gelder in der nächsten Woche zur Verfügung stehen. Der Bund
arbeite mit den Ländern unter Hochdruck an einer Vereinbarung über
die Umsetzung, sagte Altmaier. Er hoffe, dass man schon Mitte der
Woche sagen könne, wohin man sich in welchem Bundesland mit der Bitte
um Hilfen wenden könne. Der Bund setze auf ein unbürokratisches
Verfahren und Anträge auf elektronischem Wege. «Wir werden Vieles,
was an Voraussetzungen notwendig ist, gar nicht sofort überprüfen
können und wollen, damit es schneller geht», betonte der
Wirtschaftsminister. Am Dienstag spricht Altmaier mit den
«Wirtschaftsweisen» über die aktuelle wirtschaftliche Lage.

Die FDP fordert über die bisherigen Pläne hinaus einen speziellen
Rettungsfonds für Startup-Unternehmen. Dieser müsste einen Umfang im
einstelligen Milliardenbereich haben, sagte die Parlamentarische
Geschäftsführerin Bettina Stark-Watzinger der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin. Die bisher geplanten Hilfen der
Bundesregierung kämen für Startups nicht in Betracht, da sie sich
nicht über Bankkredite finanzierten, sondern Investoren Eigenkapital
bereitstellten.

Dem Aussetzen der Schuldenbremse wollen die Liberalen zustimmen,
sofern die parlamentarischen Kontrollrechte im weiteren Verlauf
gewährleistet sind. Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke, sagte der
«Neuen Osnabrücker Zeitung» (Dienstag), es sei «jetzt richtig,
Bürgern und Unternehmen zu helfen». Fricke stellte aber klar: «Einer

dauerhaften Veränderung unserer sozialen Marktwirtschaft, etwa durch
dauerhafte Staatsbeteiligungen an Unternehmen, wird die FDP
allerdings stets entgegentreten.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird am Mittwoch nicht im
Bundestag reden, für sie springt Vizekanzler Olaf Scholz (SPD).
Merkel befindet sich nach Kontakt zu einem Corona-Infizierten in
häuslicher Quarantäne. Ein erster Corona-Test fiel bei der Kanzlerin
negativ aus, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am
Montagnachmittag auf dpa-Anfrage sagte. «Weitere Tests werden in den
nächsten Tagen durchgeführt.» Merkel arbeitet aber auch von Zuhause
aus. Am Montag telefonierte sie mit dem kosovarischen
Ministerpräsidenten Albin Kurti, wie Vize-Regierungssprecherin Ulrike
Demmer am Abend mitteilte.

Erst am Sonntag hatten sich Bund und Länder auf verschärfte
Ausgangsbeschränkungen verständigt. Sie treffen bei den Deutschen
einer Umfrage zufolge auf hohe Akzeptanz. 95 Prozent befürworten nach
einer am Montagabend veröffentlichten Umfrage von infratest dimap für
den ARD-«Deutschlandtrend», dass man sich in den nächsten zwei Wochen

nur noch in der eigenen häuslichen Gemeinschaft oder mit einer
weiteren Person treffen darf. Nur 3 Prozent lehnen diese Maßnahme ab.

Dennoch sorgen sich 55 Prozent vor einer Ansteckung mit dem Virus.
Vor einer Woche waren es noch 48 Prozent, Anfang März 23 Prozent. 75
Prozent zeigten sich mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung
zufrieden.

Davon kann nach einer weiteren Umfrage vor allem die Union
profitieren. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa
legte die Union binnen einer Woche um fünf Prozentpunkte auf 33,5
Prozent zu. Die SPD gewann einen halben Prozentpunkt auf nun 15
Prozent. Erstmals seit Anfang Juli 2018 hätte die Koalition aus Union
und SPD mit 48,5 Prozent wieder eine parlamentarische Mehrheit.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der «Welt»: «Umfragen sind

mir gerade völlig egal.» Er sei stolz, wie die SPD-Minister
lieferten, «gerade Olaf Scholz und Hubertus Heil».

Der Sozialverband VdK fordert angesichts der umfassenden
Alltags-Einschränkungen wegen der Corona-Krise, Fristen vor
Sozialgerichten zu verlängern oder auszusetzen. «Der Rechtsschutz
darf nicht Opfer des Coronavirus werden», sagte Verbandspräsidentin
Verena Bentele der Deutschen Presse-Agentur. Der VdK verwies darauf,
dass in Verfahren etwa um Pflegegrade, Erwerbsminderungsrenten oder
den Grad einer Behinderung Fristen einzuhalten seien.

Bei der ebenfalls geplanten Reform des Infektionsschutzgesetzes
bekommt die Bundesregierung Gegenwind von FDP und Grünen sowie aus
den Ländern. FDP-Chef Christian Lindner und die Grünen-Vorsitzende
Annalena Baerbock äußerten Bedenken, dass die Kontrollrechte des
Parlaments beziehungsweise die Interessen der Länder unzureichend
berücksichtigt wurden. Nach einem Bericht des «Handelsblatts» fordern

mehrere Landesjustizminister von SPD, Grünen und FDP eine Befristung.
Sie hätten die Sorge, dass ein Bundesministerium ermächtigt wird, per
Verwaltungsakt und ohne Zustimmung des Bundesrats in eine Reihe von
Grundrechten einzugreifen.