Corona-Prävention im Flüchtlingsheim: Viele Länder isolieren Neulinge Von Martina Herzog, dpa

Rückzug in die eigenen vier Wände, Distanz zu fremden Menschen, kurz:
Abstand. Das verlangt der Staat von seinen Bürgern in der
Corona-Krise. Doch in Flüchtlingsheimen wird das schwieriger als an
vielen anderen Orten. Die Behörden versuchen es trotzdem.

Berlin (dpa) - Mit Tests, Quarantäne und Schließung von Gruppenräumen

wollen die Länder einer Ausbreitung des Coronavirus in
Flüchtlingsunterkünften entgegenwirken. Auch für Kinder in den
Wohnheimen fallen Unterricht und Gruppenbetreuung aus. Allerdings
gibt es im Detail auch erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern,
wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Ein Überblick:

UMGANG MIT NEUZUGÄNGEN: Ankommende Asylsuchende werden untersucht.
Bayern, Bremen, Sachsen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein
testen alle Neuzugänge auf das Coronavirus. Bremen bringt sie in
Quarantäne unter, bis das Ergebnis vorliegt. Sachsen bringt
Ankömmlinge ebenso wie Baden-Württemberg und Brandenburg zunächst 14

Tage getrennt unter. Schleswig-Holstein isoliert Verdachtsfälle.

Nordrhein-Westfalen untersucht auf Covid-19-Symptome und befragt
Schutzsuchende zu ihren Reisewegen. Jeweils eine der fünf
Erstaufnahmeeinrichtungen nimmt mehrere Tage lang alle Neuzugänge
auf, dann gibt es einen Wechsel. Nach einem Aufnahmezeitraum von
mehreren Tagen gibt es zwei Wochen keine Neuzugänge oder Transfers.

In Niedersachsen werden Ankömmlinge untersucht. Tests finden statt,
wenn sie Symptome zeigen oder das aufgrund der Reiseroute angebracht
scheint. Auch Thüringen testet erst bei Symptomen.

FÄLLE: In Berlin haben sich bislang nachweislich vier Bewohner von
Flüchtlingsunterkünften und ein Mitarbeiter mit dem Coronavirus
angesteckt. In Bayern waren bislang zehn von knapp 1900 getesteten
Bewohnern infiziert. In einer Erstaufnahmeeinrichtung
Mecklenburg-Vorpommerns, in Stern Buchholz bei Schwerin, wurden 21
Personen positiv auf das Corona-Virus getestet. Sie seien alle in
einer Ausweichunterkunft unter Quarantäne gestellt worden, wiesen nur
geringe Symptome auf und müssten daher nicht stationär behandelt
werden, hieß es. In Sachsen und Schleswig-Holstein sind je zwei Fälle
bekannt, in Baden-Württemberg acht. In Hessen gab es drei Fälle, in
Thüringen einen. In Flüchtlingsunterkünften in Bremen,
Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wurde nach offiziellen Angaben
bis zum Montag niemand positiv getestet.

ISOLATION FÜR BETROFFENE: Positiv getestete Menschen, Kontaktpersonen
und Verdachtsfälle werden nach Angaben befragter Länder isoliert
untergebracht.

INFORMATIONEN IN FREMDSPRACHEN: Die Behörden bemühen sich, die
Bewohner von Unterkünften auch in Fremdsprachen zu informieren. Das
Berliner Flüchtlingsamt hat einen Podcast in sechs Sprachen unter
anderem zum Sinn von Quarantänemaßnahmen veröffentlicht. Generell
seien die Geflüchteten auch über soziale Netzwerke wie Facebook- oder
WhatsApp-Gruppen gut über Covid-19 informiert, hieß es dort.

HYGIENE: Die Länder berichten auch von verschärften Hygienemaßnahmen

und häufigerem Putzen. So hat Nordrhein-Westfalen zum Beispiel
Desinfektionsspender aufgestellt. Bremen gibt das Essen in den
Erstaufnahmeeinrichtungen in Folie geschweißt aus.

ABSTAND: Bayern achtet laut Innenministerium in Zimmern und Kantinen
auf den vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Metern. Bremen hat in
Aufnahmeeinrichtungen und Übergangswohnheimen unter anderem
Gruppenräume geschlossen, die Bewohner nach Behördenangaben wo
möglich in kleineren Zimmern untergebracht und Abstandsmarkierungen
auf dem Fußboden angebracht. In Baden-Württemberg sollen unter
anderem mehr Stühle in den Kantinen, Essensausgabe in Schichten und
Lunchpaketen für Distanz sorgen. Nordrhein-Westfalen hat Besuche in
Landeseinrichtungen bis auf Weiteres untersagt.

Schleswig-Holstein hat Gruppenaktivitäten wie Schulunterricht,
Betreuung für Kleinkinder oder Integrationskurse abgesagt und
Gruppenräume geschlossen. Auch in Niedersachsen fallen Schule und
Kinderbetreuung aus. Sofern ein Mindestabstand von 1,5 Metern
zwischen zwei Personen nicht zu gewährleisten sei, schließt auch
Sachsen-Anhalt Aufenthaltsräume.