«Kleiner Landtag» soll im Schnellverfahren Corona-Hilfe beschließen

Kleiner Landtag vor großer Aufgabe: In Mini-Besetzung soll das
NRW-Parlament den größten Rettungsschirm in der Landesgeschichte
schnellstens aufspannen. Das Ziel: Die Folgen der Corona-Pandemie
mildern.

Düsseldorf (dpa/lnw) - In ungewöhnlicher Zusammensetzung kommt der
nordrhein-westfälische Landtag am Dienstag (10 Uhr) zu einer
Sondersitzung wegen der Corona-Krise zusammen. Ministerpräsident
Armin Laschet (CDU) unterrichtet das Parlament über die Maßnahmen zur
Eindämmung der Pandemie in NRW.

Im Einvernehmen mit den Landtagsfraktionen soll im Schnellverfahren
ein Nachtragshaushalt in Höhe von 25 Milliarden Euro zur Abfederung
der wirtschaftlichen Folgen beschlossen werden. Damit sollen
Unternehmen und Arbeitsplätze geschützt werden.

Wegen der Infektionsgefahr haben sich alle fünf Landtagsfraktionen
darauf verständigt, nur mit einem Drittel ihrer Abgeordneten ins
Plenum zu gehen. Zwischen den einzelnen Mandatsträgern sollen jeweils
zwei bis drei Sitze leer bleiben. Eigentlich gehören dem Landtag 199
Abgeordnete an.

Auf der Tagesordnung steht kein anderes Thema. Der Parlamentarische
Krisenstab hatte bereits in der vergangenen Woche beschlossen, dass
derzeit im Landtag nur die dringendsten Themen im Plenum und in den
Ausschüssen behandelt werden sollen.

Wegen der außerordentlichen Situation werden am Dienstag alle für das
Gesetz nötigen drei Lesungen am selben Tag angesetzt. Mittags ist
allerdings eine kurze Unterbrechung der Sitzung erforderlich, damit
die Vorlage der Landesregierung nach der ersten Lesung noch den
Haushaltsausschuss passieren kann. Es wird mit einer breiten
Mehrheit, auch aus Oppositionsreihen, für das 25 Milliarden Euro
umfassende Sondervermögen zur Corona-Bekämpfung gerechnet.

Mit dem Geld sollen Bürgschaften, Steuerstundungen sowie Soforthilfen
für Kleinunternehmen und Solo-Selbstständige finanziert werden. Die
Kreditaufnahme soll in Tranchen abhängig von den benötigten Ausgaben
erfolgen. Die Mittel dürfen ausschließlich zur Bewältigung der
Corona-Krise verwendet werden, wie es im Gesetzentwurf der
schwarz-gelben Regierung heißt. Finanzminister Lutz Lienenkämper
(CDU) rechnet mit weiterem Unterstützungsbedarf.

Das Landeskabinett wird sich am Dienstag damit befassen, wie die
Corona-Soforthilfen des Bundes schnellstmöglich an die Unternehmen
weitergereicht werden können. Darüber hinaus plant die
Landesregierung das Programm aufzustocken und zusätzlich Unternehmen
mit 10 bis 50 Beschäftigten Zuschüsse in Höhe von 25 000 Euro zu
zahlen.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordert, den Rettungsschirm nicht nur
über die Wirtschaft zu spannen, sondern auch die sozialen Dienste zu
sichern. Die gemeinnützigen Träger dürften nicht sich selbst
überlassen bleiben. «Wir dürfen kaum Rücklagen bilden und können
uns
deshalb in so einer Krise nicht selbst helfen», warnte der
Geschäftsführer der AWO NRW, Uwe Hildebrandt.

Auch die SPD-Opposition kritisiert, es sei bislang nicht definiert,
was konkret bei den Menschen ankommen solle. Die Sozialdemokraten
fordern unter anderem, auch die Rehakliniken in den
Unterstützungsprogrammen zu berücksichtigen und Überstunden des
Klinik- und Pflegepersonals jetzt steuerfrei auszuzahlen.

Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Infektionen ist in NRW bereits
über die Marke von 8000 Fällen gestiegen. Nach Angaben des
Gesundheitsministerium lag die Zahl am Montagnachmittag (Stand: 16
Uhr) bei 8224 und damit 863 mehr als am Tag zuvor. Die Zahl der
gemeldeten Todesfälle erhöhte sich um acht auf nun 40 in NRW. Da das
Ministerium die Daten fortlaufend aus den Kommunen erhält, können vor
Ort auch schon aktuellere Zahlen vorliegen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erwartet bis Ende
dieser Woche erste Erkenntnisse, ob die verschärften Einschränkungen
des öffentlichen Lebens die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen.
In NRW sind seit Montag alle Ansammlungen ab drei Personen in der
Öffentlichkeit verboten - ausgenommen Familien.

Für Verstöße gegen das Kontaktverbot arbeitet die Landesregierung
derzeit einen Bußgeldkatalog aus. Wer sich nicht an die Verbote hält
muss ihren Angaben zufolge mindestens 200 Euro zahlen. Die
Höchstgrenze soll bei 25 000 Euro liegen.