Schleswig-Holstein: Bewohner von Zweitwohnsitzen dürfen bleiben

Schleswig-Holstein mildert das wegen der Corona-Krise angekündigte
Verbot, Zweitwohnsitze zu nutzen, ab: Wer bereits dort wohnt, darf
bleiben. Neuanreisen ohne triftigen Grund sind allerdings untersagt.

Husum/Büsum (dpa/lno) - Schleswig-Holsteins Landesregierung hat das
wegen der Corona-Krise angekündigte rigorose Verbot, Zweitwohnsitze
zu nutzen, schnell wieder abgemildert. Wer eine Nebenwohnung bereits
bezogen habe, werde diese nicht verlassen müssen, sagte Innenminister
Hans-Joachim Grote (CDU) nach telefonischen Beratungen mit Landräten
am Montag in Kiel. Dies habe das Land per Erlass vom Montag auch
klargestellt. Die Landesregierung appellierte ein weiteres Mal an
Zweitwohnungsbesitzer an den Küsten von Nord- und Ostsee, auf eine
Anreise zu verzichten.

«Neuanreisen in Zweitwohnungen ohne triftigen Grund sind untersagt»,
stellte Grote unmissverständlich klar. Zweitwohnungsbesitzer, die
ihre Immobilie in Schleswig-Holstein aktuell bereits nutzen, könnten
im Land bleiben. Wer jedoch abreise, werde bis auf Weiteres nicht in
seine Zweitwohnung zurückkehren können.

Triftige Gründe im Sinne des Erlasses, der für alle Kreise gelten
soll, sind: Die Nebenwohnung wird aus zwingenden beruflichen,
gesundheitlichen sowie aus ehe-, sorge-und betreuungsrechtlichen
Gründen genutzt. Oder Verwandte ersten Grades - Ehe- oder
Lebenspartner - haben in der Nebenwohnung ihren derzeitigen
Aufenthaltsort. Ein weiterer Grund: Eine zwingende Betreuung von
betreuungs- oder pflegebedürftigen nahen Familienangehörigen in oder
bei der Nebenwohnung soll sichergestellt werden.

Falls eine am Hauptwohnsitz nicht zu gewährleistende Trennung von
Personen vorzunehmen ist, die aufgrund behördlicher Anordnung unter
häusliche Quarantäne gestellt wurden, darf die Zweitwohnung ebenfalls
genutzt werden. Auch zwingende und nicht aufschiebbare Erhaltungs-
und Sicherungsmaßnahmen werden akzeptiert - nicht aber
Renovierungsarbeiten.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) mahnte zugleich einen
respektvollen Umgang mit Gästen an, die sich in Schleswig-Holstein
aufhielten. «Unser Bundesland ist ein großartiger Tourismus-Standort.
Wir müssen auch in der jetzigen Krise zusammenstehen, Rücksicht
nehmen und im Rahmen aller geltenden Kontaktbeschränkungen das gute
Miteinander mit unseren Gästen bewahren.» Beschimpfungen von Gästen,

wie sie vereinzelt vorgekommen seien, «verbieten sich nicht nur aus
Gründen guter Gastfreundschaft», sagte der Ministerpräsident.

Zehntausende Zweitwohnungen gibt es im Urlaubsland
Schleswig-Holstein. Nach der Ankündigung des ursprünglichen Erlasses
hatten Nordfriesland die zuständigen örtlichen Behörden am Montag
begonnen, Zweitwohnungen in der Region zu kontrollieren. Zwar werde
das vom Kreis erlassene Verbot der Nutzung von Zweitwohnungen
größtenteils eingehalten. «Es gibt jedoch auch Hinweise auf
Ausnahmen», wie Kreissprecher Hans-Martin Slopianka sagte.

Am Sonntag um Mitternacht sollten die letzten Zweitwohnungsbesitzer
ohne triftigen Grund aus Nordfriesland eigentlich abgereist sein. In
Nordfriesland gibt es etwa 11 000 Zweitwohnungen. Gut 3100 davon
gehören Schleswig-Holsteinern. Die Zweitwohnungszahlen von Sylt sind
in dieser Aufstellung nicht enthalten.

Auch im Kreis Ostholstein sollten die Besitzer einer Ferienwohnung
oder eines -hauses bis Sonntag um Mitternacht ihren Zweitwohnsitz
eigentlich verlassen haben. «Uns als Gemeinden ist der Schwarze Peter
zugeschoben worden», sagte die Bürgermeisterin von Scharbeutz,
Bettina Schäfer, der Deutschen Presse-Agentur. Schön sei es nicht,
als Bürgermeisterin die Gäste zum Gehen aufzufordern. Zu dem
Zeitpunkt hatte die Landesregierung ihren Erlass noch nicht
abgemildert. Andererseits könne sie, sagte Schäfer, die Sorgen und
Ängste der Einheimischen sehr gut verstehen. «Da schlagen wirklich
zwei Herzen in meiner Brust.»

Knapp 5000 gemeldete Zweitwohnungen gibt in Scharbeutz. Einige der
Zweitwohnungsbesitzer seien fast mehr hier als an ihrem Erstwohnsitz,
sagt Schäfer. «Sie gehören zu unserer Gemeinde dazu.» Aber das
Gesundheitssystem sei nun einmal von seinen Kapazitäten her auf
Erstwohnsitzbesitzer ausgerichtet, erläuterte die Scharbeutzer
Bürgermeisterin. Und auf jeden Zweitwohnsitz komme ja nicht nur ein
Gast, sondern auch beispielsweise Ehepartner und Kinder. Und dann
seien es auf einmal 20 000 Menschen mehr in Scharbeutz.

Im Kreis Dithmarschen hatten Zweitwohnungsbesitzer ohne triftigen
Bleibegrund bis Montag einschließlich Zeit, um ihre Anwesen zu
verlassen. «Heute ist der letzte Tag, an dem die
Zweitwohnungsbesitzer spätestens abreisen müssen», sagte der
Stellvertretende Ordnungsamtsleiter des Amtes Büsum-Wesselburen,
Andreas Peters, der dpa. Von Dienstag an werde kontrolliert.
Voraussichtlich würden für die Kontrollen noch aus anderen
Abteilungen Leute rekrutiert werden müssen, sagte Peters. Allein in
Büsum gibt es knapp 2500 Zweitwohnungen, im gesamten Amtsgebiet sind
es rund 3300. Zahlen für das gesamte Kreisgebiet Dithmarschen liegen
ebenso wie für Ostholstein nicht vor.

Unterdessen sind am Verwaltungsgericht in Schleswig bisher insgesamt
17 Eilverfahren vom Zweitwohnungsbesitzern eingegangen. Dies sagte
eine Sprecherin am Montag auf Anfrage. Die Zweitwohnungen der
Antragsteller liegen in den Kreisen Nordfriesland, Dithmarschen,
Schleswig-Flensburg, und Ostholstein. Die Verfahren würden zeitnah
entschieden. Fünf der Verfahren waren bereits am Wochenende
entschieden worden. Diese Antragsteller scheiterten mit ihrem
Anliegen, trotz der Verfügung des Landes wegen der Corona-Pandemie in
ihren Nebenwohnungen im nördlichsten Bundesland bleiben zu dürfen.

Am Freitag hatte die Landesregierung noch alle Besitzer von
Zweitwohnungen in Schleswig-Holstein zur Abreise aufgefordert. Für
Kontrollen, ob der abgeschwächte Erlass eingehalten wird, sind in
erster Linie die Ordnungsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte
zuständig. «Die Landespolizei Schleswig-Holstein wird eventuellen
Hinweisen nachgehen», sagte Uwe Keller vom Landespolizeiamt.