Einlasskontrollen für Supermärkte - Kommt das Kontaktverbot? Von Simone Rothe und Stefan Hantzschmann, dpa

Die wenigen noch geöffneten Geschäfte müssen sich in Thüringen wege
n
der Coronakrise an strengere Hygienevorschriften halten. Die
Landesregierung will die bisherigen Verbote an eine Einigung von Bund
und Ländern anpassen. Dazu würde eine Art Kontaktverbot gehören.

Erfurt (dpa/th) - Nachdem sich Bund und Länder wegen der Coronakrise
auf ein Kontaktverbot von mehr als zwei Personen verständigt haben,
will Thüringen seine bisher geltenden Regeln nachjustieren. Das
Kabinett soll am Dienstag darüber entscheiden, wie ein
Regierungssprecher am Montag sagte. In Thüringen gelten bereits
strenge Regeln, die das öffentliche Leben einschränken. So müssen
seit Freitag unter anderem Bekleidungsgeschäfte und Restaurants
geschlossen bleiben. Nun soll eine Art Kontaktverbot genauer regeln,
wie viele Menschen sich noch treffen dürfen. Wegen des weitgehend
lahmgelegten öffentlichen Lebens will die Landesregierung vor allem
kleinere Unternehmen im Land mit einem Hilfsprogramm über Wasser
halten. Ein Überblick:

Seit dem Wochenende ist von einem Kontaktverbot die Rede. Was
bedeutet das?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der
Länder haben sich am Sonntag auf noch strengere Regeln verständigt,
um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Die Einigung
sieht unter anderem vor, dass die Menschen nur noch alleine oder zu
zweit aus dem Haus gehen dürfen. Ausnahmen gibt es aber unter anderem
für Familien. Die Länder müssen die neuen Bestimmungen umsetzen -
zumindest dort, wo es sie nicht ohnehin schon gibt. Einige Länder
scheren aber auch aus und wollen es bei den eigenen Regeln belassen
oder weichen in Details ab.

Setzt Thüringen die Regeln um?

Danach sieht es bislang aus. Nach Angaben eines Regierungssprechers
sollen die bisherigen Thüringer Regeln mit denen aus der
Bund-Länder-Einigung «synchronisiert» werden. Das Regierungskabinett

will sich am Dienstag damit beschäftigen. Ob es auch Abweichungen
gibt, war zunächst unklar.

Wer soll kontrollieren, ob die Regeln eingehalten werden?

Zuständig sind die Kommunen. Die Stadt Erfurt etwa will nach Angaben
eines Sprechers die Zahl der Mitarbeiter für solche Kontrollen
deutlich erhöhen - von ursprünglich 20 schrittweise auf 60.
Ansammlungen von Menschen löse man bislang mit «freundlicher, aber
bestimmter Ansprache» auf, sagte der Sprecher. Wiederholungstäter
erwarte Geldstrafen. Bis zu 25 000 Euro seien möglich. Auch die
Thüringer Polizei hat ein Auge auf illegale Partys oder Treffen von
mehreren Menschen im Park. Polizisten auf Streife greifen bei
Verstößen ein, wie der Sprecher der Landespolizeidirektion sagte.
«Sollten sich Hotspots entwickeln, wo es immer wieder zu
Regelverstößen kommt, wird die Polizei dort natürlich entsprechend
Präsenz zeigen.»

Gibt es weitere Einschränkungen?

Ja. Die noch geöffneten Läden und Geschäfte in Thüringen müssen i
hre
Kunden über Corona-Schutzmaßnahmen informieren und
Desinfektionsmittel bereitstellen. Einen entsprechenden Erlass hat
das Thüringer Gesundheitsministerium am Montag veröffentlicht.
Bislang sind in Thüringen unter anderem Lebensmittelgeschäfte,
Drogerien, Apotheken, Bau- und Gartenmärkte sowie Läden für
Tierbedarf nicht von Schließungen betroffen. Auch der Zutritt in die
Läden soll gesteuert werden - etwa durch Einlasskontrollen. Kunden
mit Covid-19-Symptomen sollen nicht in das Geschäft gelassen werden.

Auch für Liefer- und Postdienste wurden die Hygieneregeln verschärft.
Demnach müssen Mitarbeiter mit Erkältungssymptomen sowie Rückkehrer
aus Risikogebieten von der Arbeit freigestellt werden. Dem Personal
soll die jeweilige Firma Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen
und die Mitarbeiter über Schutzmaßnahmen informieren.

Wie bekommen wegen der Corona-Krise angeschlagene Selbstständige oder
kleine Unternehmen Hilfe?

Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen, die durch die Coronakrise
in Finanznot geraten, können seit Montag Soforthilfen vom Land
beantragen. Die Unterlagen dafür seien auf der Internetseite
www.aufbaubank.de/corona zu finden, sagte ein Sprecher des
Wirtschaftsministeriums in Erfurt. «Wir haben das Ziel, dass bei
kompletten Anträgen nur fünf Tage bis zur Auszahlung der Hilfe
vergehen.» Zur Vorprüfung könnten die Anträge an die Industrie- und

Handels- sowie die Handwerkskammern geschickt werden, die sie dann an
die Förderbank des Landes weiterreichten. Am Montag war die Anfrage
nach den Anträgen auf Soforthilfe so groß, dass der Server der
Thüringer Aufbaubank überlastet war.

Wie hoch könnte der Finanzbedarf sein und was wird gezahlt?

Nach früheren Schätzungen könnten allein für die Soforthilfen bis z
u
350 Millionen Euro in Thüringen aus Bundes- und Landesmitteln
gebraucht werden. Das Soforthilfeprogramm des Landes, dem ein
Bundesprogramm folgen wird, richtet sich an Gewerbebetriebe mit bis
zu 50 Beschäftigen, Solo-Selbstständige und Freiberufler aus
wirtschaftsnahen Branchen und der Kreativwirtschaft. Je nach
Mitarbeiterzahl können sie einen einmaligen Zuschuss in Höhe von bis
zu 30 000 Euro erhalten, Soloselbstständige und Kleinbetriebe bis
fünf Beschäftigte bis zu 5000 Euro.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Die Antragsteller müssen laut Ministerium die Höhe ihres Schadens -
beispielsweise durch Einnahmeausfälle bei fortlaufenden Mietzahlungen
- beziffern. Zudem sei eine eidesstattliche Erklärung abzugeben. Das
Antragsformular umfasse zwei Seiten und ein Hinweisblatt. Der Antrag
sei erstaunlich unkompliziert und der katastrophalen Situation in den
kleinen und mittleren Unternehmen Thüringens entsprechend schnell
auszufüllen, sagte der Südthüringer IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf

Pieterwas. Die Thüringer Aufbaubank ist laut Wirtschaftsministerium
unter der Hotline 0800 534 5676 erreichbar.