EU-Länder einig über Aussetzung der Schuldenregeln

Maximal 3,0 Prozent Haushalt-Defizit und höchstens 60 Prozent
Staatsverschuldung: Die Regeln schienen früher einmal wie in Stein
gemeißelt. Nun werden sie für Maßnahmen gegen Corona offiziell
ausgesetzt.

Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen die Coronavirus-Krise werden erstmals
die europäischen Schulden- und Defizitregeln vorübergehend
ausgesetzt. Dem stimmten die EU-Wirtschafts- und Finanzminister am
Montag zu. Sie billigten den Vorschlag der EU-Kommission, die
sogenannte Allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und
Wachstumspakts zu ziehen. Dies soll den EU-Staaten vorübergehend
freie Hand für Hilfspakete für Unternehmen und Arbeitnehmer geben.

In Erwartung eines «schwerwiegenden Konjunkturabschwungs» wegen der
Coronavirus-Pandemie hatte die Kommission die Aktivierung der Klausel
am Freitag vorgeschlagen. So sollen Mitgliedsstaaten alle «für eine
angemessene Bewältigung der Krise erforderlichen Maßnahmen» ergreifen

können, ohne gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu verstoßen,
wie die Behörde dazu erklärte.

Der Pakt von 1997 legt fest, dass das Haushaltsdefizit höchstens 3
Prozent und der Schuldenstand höchstens 60 Prozent der
Wirtschaftskraft eines Landes betragen dürfen. Die «allgemeine
Ausgleichsklausel» wurde 2011 nach der Wirtschafts- und Finanzkrise
eingefügt, um in akuten Krisensituationen mehr Handlungsspielräume zu
erlauben. Sie wurde noch nie angewendet.

Aus Sicht der EU-Kommission könnte der Rückgang der
Wirtschaftsleistung 2020 vergleichbar mit dem Abschwung im Jahr der
weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 werden. Damals war die
Wirtschaft in der EU um 4,3 Prozent geschrumpft und in der Eurozone
um 4,5 Prozent. Das Münchner Ifo-Institut erwartet für Deutschland
derzeit wegen Corona in Hochrechnungen einen Wachstumsverlust
zwischen 7,2 bis 20,6 Prozentpunkten.

Die Einigung der EU-Wirtschafts- und Finanzminister muss nun noch
formal in einem schriftlichen Verfahren der 27 EU-Staaten bestätigt
werden.