Woidke ruft in Corona-Krise zu Besonnenheit auf - Polizeikontrollen

Es ist Tag eins der verschärften Kontaktregeln, damit sich das
Coronavirus nicht so schnell ausbreitet. Die Polizei zieht eine erste
Bilanz.

Potsdam (dpa/bb) - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke
(SPD) hat angesichts der neuen drastischen Einschränkungen wegen des
Coronavirus zu Besonnenheit und Zusammenhalt aufgerufen. «Unser Leben
hat sich plötzlich rasant geändert», erklärte Woidke am Montag laut

Mitteilung in Potsdam. «Gemeinsam werden wir diese Krise bewältigen.»

Es sei gut, dass die allergrößte Mehrheit Verständnis für die
getroffenen Maßnahmen habe, um die rasante Ausbreitung des
Coronavirus zu bremsen. Er appellierte aber an alle Bürger: «Es ist
notwendig, dass sich alle daran halten!». Die Landesregierung nehme
Sorgen der Bürger sehr ernst. Sie bietet im Internet und per Hotline
Informationen an.

INFIZIERTE: Die Zahl der mit dem neuartigen Coronavirus infizierten
Brandenburger wächst weiter - aber nicht mehr so schnell. Derzeit
seien offiziell 385 Infizierte gemeldet, teilte das
Gesundheitsministerium mit. Das sei ein Zuwachs von 32 Fällen
innerhalb der vergangenen 24 Stunden. 29 Menschen sind demnach in
Behandlung in Krankenhäusern, acht davon werden intensiv medizinisch
beatmet. Weiterhin ist ein Todesfall im Zusammenhang mit der
Viruserkrankung gemeldet. Die meisten Infizierten gibt es im Kreis
Märkisch-Oderland mit 49 Fällen.

EINSCHRÄNKUNGEN: Seit Montag dürfen Brandenburger vorerst bis 5.
April draußen nur noch allein oder höchstens mit Angehörigen aus dem

eigenen Haushalt oder mit einer Person außerhalb des Haushalts bei
1,5 Meter Abstand unterwegs sein. Das Betreten öffentlicher Orte ist
verboten - es gelten aber Ausnahmen für die Arbeit, Arztbesuche, zum
Einkaufen, zum Besuch Kranker, für Sport und dringende Termine bei
Behörden. Viele Läden sind geschlossen, aber Supermärkte, Drogerien,

Banken, Sparkassen, Poststellen, Tankstellen haben offen.
Gaststätten, die Waren zum Liefern oder Abholen verkaufen, dürfen
ebenfalls geöffnet sein. Diese Regeln gelten vorerst bis 19. April.

KONTROLLEN: Die Polizei zog eine weitgehend positive Bilanz der
Kontrollen. «Bis jetzt haben wir sehr gute Rückmeldungen von unseren
Polizeidirektionen bekommen», sagte der Sprecher des Brandenburger
Polizeipräsidiums, Torsten Herbst. Die Kontrollen am Montag verliefen
«unaufgeregt». Schon am Wochenende sei registriert worden, dass die
Menschen sich immer mehr an die bereits geltenden Maßnahmen hielten.
«Auch Kneipen mussten in viel geringerem Umfang geschlossen werden.»
Zudem hätten die Beamten «verdammt viel Zuspruch» erhalten. Die
Polizei bat, die Menschen sollten unbedingt Personalausweis oder
Reisepass bei sich tragen.

ÜBERTRETUNG: Nicht alle halten sich an die Regeln. In
Brandenburg/Havel spielte eine Gruppe junger Männer am Sonntag
American Football, obwohl die Sportstätte gesperrt ist. Die Männer
kletterten laut Polizei über das verschlossene Tor und spielten, bis
Polizisten ihnen einen Platzverweis erteilten - außerdem gab es
Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs. In Perleberg hatte eine
Gaststätte am Wochenende noch offen - sechs Gäste mussten gehen, das
Lokal musste schließen.

POLIZEI: Bei der Brandenburger Polizei sind unterdessen die ersten
beiden bestätigten Fälle von Coronavirus-Infektionen aufgetreten. Die
zwei Beamten seien nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub in
Risikogebieten positiv auf den neuen Erreger Sars-CoV-2 getestet
worden, hieß es aus dem Polizeipräsidiums. Die in den Landkreisen
Oberhavel und Dahme-Spreewald lebenden Polizisten hätten sich bereits
unmittelbar nach ihrer Rückkehr in häusliche Quarantäne begeben und
ihren Dienst nicht angetreten. Von den insgesamt mehr als 7000
Polizisten im Land seien derzeit etwa 60 wegen möglicher
Verdachtsfälle nicht im Einsatz, sagte der Sprecher.

ÄGYPTEN-RÜCKKEHRER: Nach der Landung einer Linienmaschine auf dem
Flughafen Berlin-Schönefeld aus dem Corona-Risikogebiet Ägypten wurde
bei rund 200 Urlaubern keine Auffälligkeit festgestellt. Das habe
eine Amtsärztin erklärt, nachdem sie die Passagiere am Sonntag am
Flughafen angeschaut und befragt hatte, berichteten das Brandenburger
Gesundheitsministerium und der Landkreis Dahme-Spreewald, auf dessen
Gebiet der Airport liegt. Auf das neuartige Virus wurden die
Passagiere allerdings nicht getestet. Zudem mussten sie sich vor Ort
auch nicht in Quarantäne begeben, da es sich nicht um ein Flugzeug im
Rahmen der Rückholaktion für deutsche Touristen der Bundesregierung
handelte, wie zunächst gedacht.

UNTERNEHMEN: Bisher haben sich 5400 Unternehmen wegen Hilfen bei der
Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) gemeldet. Mehr als 90 Prozent
der Anfragenden hätten weniger als 10 Beschäftigte. Das Land hilft
mit einem Sofortprogramm, ab Mittwoch gibt es Anträge.
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) rief alle Unternehmer dazu
auf, von Kündigungen abzusehen und die ausgeweitete
Kurzarbeiterregelung zu nutzen. Er appellierte an Arbeitgeber, die
Löhne weiter zu zahlen, auch wenn Eltern wegen geschlossener Kitas
oder Schulen nicht zur Arbeit kommen könnten.