Grüne und FDP: Bei Reform des Infektionsschutzgesetzes nachbessern

Die Pläne für eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes stoßen

auf Kritik: FDP-Chef Linder sieht die Kontrollrechte des Parlaments
nicht hinreichend gewürdigt. Auch die Grünen-Chefin hat Bedenken.

Berlin (dpa) - Die geplante Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes
mit deutlich mehr Rechten für den Bund stößt bei der FDP und den
Grünen auf Kritik. FDP-Parteichef Christian Lindner verlangt größere

Mitspracherechte für den Bundestag. «Der Bund will sich im geänderten

Infektionsschutzgesetz erhebliche Kompetenzen für den Fall einer
epidemischen Notlage sichern. Dabei sind die Beteiligungs- und
Kontrollrechte des Parlaments nicht hinreichend gewürdigt», sagte
Lindner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Dieser Gesetzentwurf
muss deshalb dringend nachgebessert werden, wenn er eine breite
Mehrheit finden soll.»

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat ebenfalls Bedenken: Es sei zwar
richtig, dass der Bund bei einer Pandemie dieser Größenordnung mehr
Verantwortung und Koordinierungsaufgaben übernehme, sagte sie der
dpa. «Aber gerade dieses Gesetz sieht sehr weitgehende Neuregelungen
und Eingriffe vor, die jetzt mit heißer Nadel gestrickt wurden.» Eine
«epidemische Lage von nationaler Tragweite» solle die Bundesregierung
nicht vollkommen alleine feststellen können. «Auch der Bundesrat oder
zumindest einzelne Bundesländer sollten neben dem Parlament bei der
Ausrufung der Lage eingebunden werden», forderte Baerbock. Außerdem
muss das Gesetz unbedingt befristet werden.

Konkret forderte auch Lindner: «Die Regierung sollte eine Notlage nur
gemeinsam mit dem Parlament ausrufen können. Umgekehrt ist es nötig,
dass das Parlament als erste Gewalt auch auf eigene Initiative diese
Notlage beenden kann. Freiheiten können nicht ohne den Deutschen
Bundestag als Volksvertretung eingeschränkt werden.»

Alle Krisenregelungen sollten zudem strikt auf ein Jahr begrenzt
sein. Statt nur eines Berichts der Regierung sei ein fixiertes
Verfallsdatum der jetzt angestrebten Beschlüsse nötig. «In ruhigeren

Zeiten muss darüber neu nachgedacht werden», sagte der Vorsitzende
der Freien Demokraten.

Nach dem Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll
der Bund künftig mehr Eingriffsmöglichkeiten im ganzen Land erhalten.
Vorgesehen ist zum Beispiel, dass die zuständigen Gesundheitsbehörden
bei einer «epidemischen Lage von nationaler Tragweite» wie aktuell
die Befugnis erhalten, Kontaktpersonen von Erkrankten anhand von
Handy-Standortdaten zu ermitteln, dadurch ihre Bewegung zu verfolgen
und sie im Verdachtsfall zu kontaktieren. Das Gesetz soll gemeinsam
mit weiteren Hilfs- und Schutzgesetzen der Regierung in einem großen
Paket bereits in dieser Woche vom Bundestag beschlossen werden.