Dilemma im Umgang mit Hamsterkäufen - Kontrollen angelaufen Von Jörn Perske, dpa

An Hamsterkäufen scheiden sich die Geister. Von vielen werden sie
verurteilt, Kommunen und Verbände sagen ihnen den Kampf an. Aber der
Handelsverband gibt zu bedenken: Sammeleinkäufe für Alte und Kranke
seien bei Verboten erschwert - eine Zwickmühle.

Hanau (dpa/lhe) - In Hessen herrscht Uneinigkeit zum Umgang mit
Hamsterkäufen. Der Hessische Städte- und Gemeindebund befürwortet das

vehemente Vorgehen erster Kommunen gegen massenhafte Vorratskäufe.
«Ich kann mir gut vorstellen, dass dies Vorbild-Charakter hat und
weitere Kommunen nachziehen. Wir würden das durchaus begrüßen», sag
te
der Geschäftsführende Direktor, Karl-Christian Schelzke, am Montag
auf Anfrage. Wie viele Kommunen bereits Hamsterkäufen den Kampf
angesagt haben, konnte der Verband nicht einschätzen. Der
Handelsverband Hessen ist dagegen skeptisch: Großeinkäufe könnten
auch daran liegen, dass ein Kunde für andere mit einkauft.

Die Stadt Hanau und der Landkreis Marburg-Biedenkopf hatten
angekündigt, Hamsterkäufen den Riegel vorzuschieben. Verbraucher
dürften sich nicht mehr mit Bergen an Vorräten eindecken, sondern nur
noch haushaltsübliche Mengen erwerben. Beide Kommunen hatten dazu
Allgemeinverfügungen erlassen. Am Montag berichtete auch die Stadt
Frankfurt, dass Hamsterkäufe nicht mehr zulässig seien.

In einigen Lebensmittelgeschäften in Hessen klaffen immer wieder
Lücken in den Regalen, etwa bei Hygieneprodukten, Mehl und lang
haltbaren Lebensmitteln. Wer Hamsterkäufe tätige, lege ein «höchst

unsolidarisches Verhalten» an den Tag. Das müsse unterbunden werden,
befand Schelzke.

In Hanau hatte Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) angekündigt,
die neuen Spielregeln beim Shoppen notfalls mit der Stadtpolizei
überwachsen lassen zu wollen. Ein Stadtsprecherin sagte am Montag,
dass die Kontrollen angelaufen seien: «Die Stadtpolizei ist im
Einsatz und hat ein Auge darauf.» Die Sprecherin berichtete zudem,
dass es am Vorgehen der Stadt gegen Hamsterkäufe viel Interesse von
anderen Kommunen gebe. «Es gab deswegen schon diverse Anfragen bei
uns», sagte sie.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) sagte: «Fast alle
Frankfurter verhalten sich vorbildlich, haben auch ältere Menschen im
Blick, sind respektvoll gegenüber den Supermarkangestellten - doch
immer wieder hören wir von Fällen, in denen einige wenige
unsolidarisch sind, andere Kunden und teilweise sogar die
Angestellten in den Geschäften beschimpfen, wenn diese
haushaltsübliche Mengen durchsetzen wollen.» Mit einer Verfügung
werde gezielt die «unsägliche Praxis von Hamsterkäufen» unterbunden
.
Dazu zähle neben der Maßgabe, nur haushaltsübliche Mengen zu kaufen,

dass sich nur eine begrenzte Zahl an Kunden in Geschäften befinden
dürfe. Auch mit mehr als einem Einkaufswagen solle niemand mehr
unterwegs sein.

Auch der Handelsverband Hessen konnte am Montag keine Schätzung dazu
abgeben, wie viele Kommunen dem Vorbild des Landkreises
Marburg-Biedenkopf und der Stadt Hanau gefolgt seien. Statt harter
Kontrollen favorisiert Präsident Jochen Ruths jedoch eher «positive
Appelle» an die Verbraucher. Und viele Geschäfte hätten an den
Regalen auch schon Hinweisschilder aufgestellt, nur haushaltsübliche
Mengen zu erwerben. Doch diese Regelungen gegeneinander abzugrenzen,
sei schwierig. Denn Besorgungen für andere, zum Beispiel Alte, Kranke
und Menschen in Quarantäne mit zu erledigen, falle dann schwer. «Wenn
jetzt jemand für drei Haushalte Toilettenpapier einkauft, gibt es ja
sofort Probleme», sagte Ruths. Deswegen müsse man abwarten, um
beurteilen zu können, wie tauglich sich Regelungen in der Praxis
erwiesen.