Vorsichtige Hoffnung in Zeiten von Corona: Trendbremse in Italien? Von Petra Kaminsky, dpa

Italien hofft endlich auf eine Verlangsamung der Infektionen mit
Sars-CoV-2. Die Regierung drosselt die Wirtschaftsaktivität noch
weiter. Die jüngsten Opferzahlen jedenfalls wirken wie schwaches
Licht im dunklen Tunnel.

Rom (dpa) - Nach gut einmonatigem Kampf gegen die Corona-Krise sind
die Signale in Italien gespalten: Einerseits hat die Regierung die
wirtschaftliche Aktivität ab Montag weiter gedrosselt und lässt die
nicht-lebenswichtige Produktion stoppen. Andererseits erlaubt das
Dekret so viele Ausnahmen, dass Gewerkschaften das Ansteckungsrisiko
bei der Arbeit als zu groß kritisierten. Einerseits keimt die
Hoffnung, dass die Zahl der Toten und der bald 64 000 Infizierten
weniger rasant als bisher steigen könnte. Zugleich sorgte der Tod
weiterer Ärzte im besonders notleidenden Norden für Trauer und
Entsetzen.

Am Montag kletterte die Totenzahl den zweiten Tag in Folge etwas
langsamer als zuvor. Die Behörden meldeten zwar immer noch rund 600
neue Corona-Opfer im Land. Doch der Anstieg war etwas geringer als am
Sonntag. Schon da war vorsichtiger Optimismus aufgekommen. Insgesamt
registrierte Italien bisher knapp 6080 Tote infolge der
Coronavirus-Pandemie.

«Es reicht nicht aus, zwei Tage eine Verlangsamung der Ansteckung zu
sehen - und hoffen wir, dass es heute der zweite Tag wird -, um zu
sagen, dass alles in Ordnung ist», hatte der Regionalkommissar Giulio
Gallera, der in der Lombardei für Gesundheit zuständig ist, dem
Sender Rai1 gesagt. In den Brennpunkten, in Bergamo und Brescia, gebe
es viele Neu-Ansteckungen. Positiv sei, dass die Zahlen in der
Millionenmetropole Mailand am Sonntag etwas weniger als am Tag zuvor
gestiegen seien.

Indessen sorgte der Ärzte-Verband Fnomceo mit einer immer längeren
Liste toter Mediziner für neues Entsetzen: Bergamo, Parma, Cremona -
die Namen einiger Städte, wo sich viele Ärzte in den überfüllten
Krankenhäusern angesteckt haben. Die Aufzählung der Toten umfasst
inzwischen mehr als 20 Namen. Krankenschwestern, die über zu wenig
Schutzkleidung und totale Arbeitsüberlastung berichten, sind auch
betroffen - aber dort nicht aufgeführt. Mehrere Priester, die Kranken
geholfen hatten, starben ebenfalls in den Epizentren der Pandemie im
Norden. Italien ist in Europa am härtesten betroffen.

Der 31-jährige Marco Ceresoli verwarf andere Pläne und kam als
Zusatz-Arzt freiwillig nach Bergamo. Seit rund einer Woche sei er im
Dauereinsatz im Krankenhaus Papa Giovanni XXIII in Bergamo, erzählte
er der Zeitung «La Repubblica» (Montag). Zuerst aufgefallen sei ihm
«die Einsamkeit der Kranken», die keinen Besuch erhalten dürften.
Manchmal reiche ein liebes Wort, manchmal habe er die Hand genommen.
Er wisse, dass das Risiko auch für Ärzte groß sei. «Natürlich gib
t es
Risiken, aber es ist besser, wenn ich das auf mich nehme, als wenn es
ein 70-jähriger Kollege tut, der aus dem Ruhestand zurückgekehrt
ist.»

In Italien waren die ersten Fälle dieses Corona-Ausbruchs in der
Lombardei, in der Provinz Lodi, am 20./21. Februar publik geworden.
Seitdem erließ die Regierung in Rom immer striktere Maßnahmen. Seit
dem 10. März gilt eine Ausgangssperre. Die Zahlen vom Sonntag hatten
erstmals die Hoffnung genährt, dass diese Sperre und
Ladenschließungen allmählich Wirkung zeigen könnten. Der Zivilschutz

hatte zwar am Sonntag immer noch rund 650 neue Tote im Zusammenhang
mit dem Sars-CoV-2-Erreger binnen 24 Stunden gemeldet. Doch schon
diese Zahl lag unter dem Rekordwert von Samstagabend von fast 800
Toten.

Zivilschutzchef Angelo Borrelli mahnte jedoch mehrfach, dass erst die
nächsten Tage zeigen würden, ob der Trend wirklich gebrochen sei.

Am Wochenende hatte die Regierung dann die neuen Verbote in der
Produktion erlassen. Trotzdem würden unter anderem die Lebensmittel-
und Transportbranche sowie die Entsorgungs- oder Energieindustrie
weiter arbeiten. Ebenso wie Betriebe aus den Bereichen Medizin,
Chemie, Plastik, Tierfutter und vieles mehr. Nach einem Bericht der
Nachrichtenagentur Ansa hatten Wirtschaftsvertreter vor zu
drastischen Schließungen gewarnt. Gewerkschaften dagegen drohten mit
Streiks, weil die Beschäftigten bei der Arbeit nicht genug vor
Ansteckung geschützt seien.