Sportpsycholgin Anett Szigeti: «Die Ungewissheit ist es, die quält»

Hamburg (dpa) - Die unklare Lage um die Olympischen Spiele in Tokio
und die Folgen der Corona-Pandemie belasten nach Aussage von
Sportpsychologin Anett Szigeti Sportler immens. «Die Ungewissheit ist
es, die sie quält», sagte die 39-Jährige in einem Interview mit dem
«Hamburger Abendblatt» (Montag).

Sportler seien es gewohnt, dass die Ergebnisse ihrer Bemühungen
messbar sind. «Die Klarheit, die sie aus dem Sport kennen, fehlt
jetzt. Der fehlende Trainingsalltag bringt ihren Rhythmus
durcheinander und verursacht Verunsicherung», meinte sie. Angst vor
einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus hat laut Szigeti noch
keiner der Sportlerinnen und Sportler geäußert.

Sie arbeitet mit dem Olympiastützpunkt in Hamburg zusammen. Unter
anderen betreute sie die Beachvolleyball-Olympiasiegerinnen Laura
Ludwig und Kira Walkenhorst.

Ein wichtiger Faktor in der Krise sei es, eine Tagesstruktur zu
haben. «Sportler brauchen diese ganz besonders, vor allem, wenn sie
so normal wie möglich weiterarbeiten wollen», erklärte sie. Es sei
völlig okay, in einer solch beispiellosen Krise mal ein paar Tage
durchzuatmen. «Aber danach braucht jeder Athlet Ziele und Aufgaben,
damit das Leben weiterhin Sinn und Qualität hat. Und diese Ziele
erreicht man nur mit einer Tagesstruktur.»

Der Bedarf an Gesprächen sei um 20 Prozent gestiegen, schätzte sie:
«Vor allem dadurch, dass jetzt auch Athleten anfragen, die ich seit
Monaten nicht gesprochen habe.» Und es werde kein Termin mehr
vergessen, «die Wichtigkeit der sportpsychologischen Arbeit scheint
deutlich zugenommen zu haben».