Gastwirte warnen vor Aus für «kulinarische Attraktionen Berlins»

Der Tourismus zählt zu den Standbeinen der Berliner Wirtschaft. Die
Besucher kommen auch, weil man in der Stadt gut ausgehen kann. Nun
wächst die Sorge, dass die Corona-Krise das ändert.

Berlin (dpa/bb) - In der Corona-Krise könnte Berlin aus Sicht von
Gastronomen in wenigen Wochen viele seiner «kulinarischen
Attraktionen» verlieren. Davor warnen Restaurant-Betreiber in einem
offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD).
Die Liste der Unterzeichner reicht vom Drei-Sterne-Restaurant Rutz
über Grill Royal und Café Einstein bis Loretta am Wannsee. Um die
Ausbreitung des Virus zu bremsen, müssen Restaurants seit Montag
geschlossen bleiben. Der Senat verweis auf beschlossene Hilfen,
machte aber auch deutlich, dass er nicht für alle Ausfälle aufkommen
könne.

«Das Wasser steht uns buchstäblich bis zum Hals», heißt es in dem
Brief, den der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband am Montag
verbreitete. «Erreichen uns nicht unkompliziert und schnellstmöglich
Hilfsgelder, werden viele unserer KollegInnen den April nicht
durchhalten können.» Gefordert werden ein Nothilfefonds,
Gehälterübernahme und Lohnfortzahlungen, Bürgschaften,
Steuerrückzahlungen, Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen und dass für

ein Jahr keine Insolvenzanträge gestellt werden müssen.

In der Gastronomie gebe es keinen Nachholeffekt, argumentieren die
Betriebe, darunter auch Nobelhart und Schmutzig, Restaurant Ernst,
Frühsammers Restaurant, Cookies Cream, Pauly Saal und Restaurant Tim
Raue. Sie betonen: «Das Essen oder Getränk, das wir heute nicht
verkaufen, werden wir drei Monate später nicht mehrfach an den Gast
bringen können.»

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sprach von einer gewaltigen
Herausforderung, nicht nur für die Gastronomie. Der Staat werde nicht
unbegrenzt für ausgefallene Gewinnerwartungen aufkommen können. Es
sei aber schon viel Hilfe auf den Weg
gebracht: Steuer-Vorauszahlungen ausgesetzt, Steuerstundungen
zinsfrei gestellt, der Zugang zum Kurzarbeitergeld vereinfacht. Bei
Schließungen und Tätigkeitsverboten gebe es zudem Entschädigungen
nach dem Infektionsschutzgesetz.

Das 600-Millionen-Soforthilfe-Paket des Senats enthalte zudem
zinslose Liquiditätshilfen, Express-Bürgschaften bis zu 250 000 Euro,

höhere Bürgschaften und Zuschüsse für kleine Unternehmen und
Freiberufler.

Pop sagte: «Wir appellieren aber auch an alle Unternehmen, ihre
eigenen Möglichkeiten zu nutzen: die eigenen Rücklagen nutzen,
Kredite der Hausbank beantragen und wo nötig Kurzarbeitergeld
beantragen.» Gewerbe-Vermieter forderte sie auf, Mietzahlungen zu
stunden oder auch auf solche zu verzichten. «Niemandem ist geholfen,
wenn nach der Krise die Läden auf Monate und Jahre leer stünden.»