SWR-Intendant Gniffke: Medien arbeiten auch bei Ausgangssperre

Können Reporter noch ihrer Arbeit nachgehen, wenn die Bundesregierung
eine Ausgangssperre verhängt? Der Chef der zweitgrößten ARD-Anstalt
sieht die Medien vor ganz besonderen Herausforderungen.

Stuttgart (dpa) - Eine bundesweite Ausgangssperre würde nach Ansicht
des SWR-Intendanten Kai Gniffke die Arbeit der Medien erschweren.
«Ich rechne aber damit, dass wir auch dann weiterhin journalistisch
arbeiten könnten», sagte Gniffke in einem Interview der Deutschen
Presse-Agentur in Stuttgart.

«Sicher kann man unsere Arbeit nicht mit denen vergleichen, die
gerade Leben retten und die Versorgung sicherstellen.» Aber auch die
Medien seien wichtig für die tägliche Daseinsvorsorge, betonte der
Chef der zweitgrößten ARD-Anstalt. «Nach meinem Eindruck gibt es
dafür in Politik und Gesellschaft durchaus ein Bewusstsein.» Die
Aufgabe der Medien sei bei einer Ausgangssperre eher noch wichtiger,
um Menschen zu Hause zu informieren, zu beraten und zu unterhalten.

Nach Gniffkes Ansicht wird die deutsche Medienlandschaft ihrer
Verantwortung in der Coronakrise gerecht und berichtet insgesamt
angemessen: «Wir haben den Ernst der Lage erkannt und achten darauf,
weder zu beschwichtigen noch zu verunsichern.» Je länger die
Einschränkungen dauerten, desto mehr werde das Bedürfnis nach
Normalität und Zerstreuung wachsen. «Dafür bieten wir in der
ARD-Mediathek und der Audiothek genügend «Futter».»

Die Abrufzahlen der Online- und Mediathek-Angebote sind in der
vergangenen Woche sehr stark gestiegen. Die Corona-Krise könnte daher
die Digitalisierung der Medien beschleunigen, meinte Gniffke. Die
große Nachfrage mache deutlich, dass die Sender noch schneller auf
digitalen Plattformen zulegen müssten. «Genauso gut kann es in dieser
Situation aber auch eine Renaissance des linearen Fernsehens und des
Radios geben. Es hat auch eine gemeinschaftsstiftende Wirkung, wenn
Millionen Menschen zeitgleich ein Programm sehen oder hören - die
«Tagesschau» ist das beste Beispiel.»

Um die Räumung eines ganzen Studios zu vermeiden, arbeitet der
Südwestrundfunk in einigen Bereichen in getrennten Teams. «Ungefähr
die Hälfte im SWR arbeitet im Home-Office, viele stehen zu Hause
unter Quarantäne oder fallen krankheitsbedingt aus», berichtete der
Intendant. Dass der SWR nicht nur einen, sondern drei Hauptstandorte
in Stuttgart, Mainz und Baden-Baden habe, könne sich jetzt als
Vorteil erweisen: «Wenn ein Studio lahmgelegt wäre, könnten andere
einspringen.»

Die ARD habe sich darauf verständigt, dass Programmteile im Hörfunk
gegebenenfalls von anderen ARD-Anstalten übernommen werden können.
«Da denke ich unter anderem an die ARD-Infoprogramme», sagte Gniffke.
«Das sind aber absolute Notfalloptionen.»