Theaterschaffende fürchten um Existenz wegen Corona-Krise

Auch die Theater leiden unter den Auswirkungen des Coronavirus.
Zahlreiche Vorstellungen mussten abgesagt oder verschoben werden,
auch der Kulturminister spricht von «existenzbedrohenden
Einnahmerückgängen» und verweist auf Unterstützungsangebote.

Mainz (dpa/lrs) - Die Corona-Krise führt zur Absage vieler
Vorstellungen an rheinland-pfälzischen Theatern und stellt Künstler
vor große finanzielle Herausforderungen. Ein Sprecher des
Pfalztheaters Kaiserslautern, das selbst den Spielbetrieb bis 19.
April eingestellt hat, sprach von unzähligen Krisensitzungen. Das
Ausmaß des Schadens für die Bühnen ist derzeit kaum zu beziffern, wie

eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Kulturminister Konrad Wolf (SPD) sagte: «Kultureinrichtungen stehen
vor massiven, teilweise existenzbedrohenden Einnahmerückgängen.»
Viele Freischaffende hätte wegen abgesagter Veranstaltungen keine
Arbeit und damit auch kein Einkommen mehr. Die Betroffenen würden
aber nicht allein gelassen.

Das Theater Koblenz hat bislang etwa 75 Vorstellungen gestrichen, wie
ein Sprecher mitteilte. «Allerdings ist nicht auszuschließen, dass
sich diese Anzahl noch erhöht, da die Spätfolgen der jetzigen
Unterbrechung für die folgenden Monate noch nicht abzuschätzen sind.»

Das Theater rechne mit einem Einnahmeausfall von mindestens 750 000
Euro. Doch auch diese Zahl könne sich noch deutlich erhöhen.

«Die aktuelle Lage kann besonders für Freiberuflerinnen und
Freiberufler dramatisch sein», sagte der Sprecher. Für
Gastschauspieler gebe es grundsätzlich keinen rechtlichen Anspruch
auf finanziellen Ausgleich, das Theater bemühe sich aber um einen
fairen und unangemessenen Umgang und individuelle Lösungen.

«Unzählig viele» Veranstaltungen müssten auch am Pfalztheater
abgesagt oder verschoben werden, sagte dessen Sprecher. Betroffen
seien in Kaiserslautern auch einige Premieren, wie das Musikdrama
«Salome» von Richard Strauss. Wie hoch der Schaden sei, könne zum
jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Auch das Staatstheater Mainz
konnte derzeit weder benennen, wie viele Vorstellungen abgesagt
werden mussten, noch, wie hoch der finanzielle Schaden sei. Einer
Sprecherin zufolge ist noch ungewiss, wie lange der Spielbetrieb
eingestellt bleibt.

Der Landesverband professioneller freier Theater hat finanzielle
Hilfen ohne Rückzahlungspflicht gefordert. Die Auswirkungen der
Corona-Krise treffen die freie Theaterszene aufgrund der finanziellen
Ausfälle besonders stark, wie Geschäftsführerin Birgit Walkenhorst
sagte. Der Verband mit Sitz in Koblenz beobachte mit Sorge, dass die
bisher formulierten Lösungsansätze an der Lebensrealität einer
Mehrzahl der freien Theaterschaffenden vorbei zielten. Kredite seien
wenig hilfreich, da freie Theater kaum über finanzielle Rücklagen
verfügten, mit denen Kredite zurückgezahlt werden könnten.

Nach Angaben des Verbandes gibt es neben den großen Bühnen wie etwa
in Mainz, Kaiserslautern und Koblenz etwa 50 bis 60 professionelle
freie Theater in Rheinland-Pfalz. Die Akteure der freien Szene
finanzieren sich in erster Linie aus Einnahmen an der Abendkasse und
Gastspielhonoraren.

Minister Wolf verwies auf das geplante milliardenschwere Hilfspaket
für Solo-Selbstständige und andere Kleinstfirmen. Nach Informationen
der Deutschen Presse-Agentur aus Regierungskreisen plant die
Bundesregierung ein Paket von über 40 Milliarden Euro für
Solo-Selbstständige und Kleinstfirmen. Diese sollten so Soforthilfen
von bis zu 9000 beziehungsweise 15 000 Euro erhalten, erklärte Wolf.

Die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Marion Schneid,
sagte, das Ministerium müsse sicherstellen, dass das Geld
unbürokratisch bewilligt und schnell bei Betroffenen ankomme.
Kulturschaffende müssten nun einmal laufende Kosten begleichen. Viele
kreativ arbeitende Menschen lebten ohne Coronavirus oftmals schon am
Existenzminimum. «Ihre Situation hat sich in den vergangenen Tagen
und mit Blick auf die nächsten Monate extrem verschärft.»

Um Künstlern unter die Arme zu greifen, wird laut Ministerium in
Rheinland-Pfalz auch davon Abstand genommen, wie sonst üblich
Projektförderungen nach einer Absage zurückzufordern. Bereits
getätigte Ausgaben für abgesagte Veranstaltungen könnten als solche
geltend gemacht werden. Der Bewilligungszeitraum für
Projektförderungen werde bis Ende des Jahres verlängert. So sollten
Veranstalter in die Lage versetzt werden, Aufführungen nicht
abzusagen, sondern zu verschieben, auch bis Ende 2020.

Für Fragen zu all diesen Themen stehen dem Ministerium zufolge fortan
die im vergangenen Jahr geschaffenen Kulturberater bereit. Für den
Norden des Landes ist dies Björn Rodday von der
Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur in Lahnstein, für den Süden
Roderick Haas vom Verein Kulturnetz Pfalz mit Sitz in Kaiserslautern.