Nun sollen auch Baumärkte und Friseure schließen

Polizisten kontrollierten am Wochenende Tausende Autos und
Ordnungsämter die Restaurants, um die bis dato verhängten Verbote
durchzusetzen. Jetzt kommen noch strengere Vorgaben.

Rostock/Schwerin (dpa/mv) - Zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird
das Leben der Menschen auch in Mecklenburg-Vorpommern noch weiter
eingeschränkt. Für mindestens zwei Wochen sind Ansammlungen von mehr
als zwei Personen im öffentlichen Raum verboten. Ausgenommen sind
Angehörige, die im eigenen Haushalt leben. Außerdem müssen Friseure,

Massagesalons und Tattoo-Studios schließen. Darauf einigten sich Bund
und Länder am Sonntag. Darüber hinaus sollen in
Mecklenburg-Vorpommern ab Montagabend auch die Bau- und
Gartenfachmärkte schließen. Darüber werde das Kabinett in einer
Telefonkonferenz am Montag beraten, kündigte Ministerpräsidentin
Manuela Schwesig (SPD) am Sonntagabend an.

Zugleich stellte sie weitere Hilfen für die Wirtschaft in Aussicht.
Der Bund will nach ihren Worten kleinste Unternehmen mit bis zu fünf
Mitarbeitern mit 9000 Euro unterstützen, Firmen mit sechs bis zehn
Mitarbeitern mit 15 000 Euro für drei Monate. Das Land wolle zudem am
Dienstag weitere Maßnahmen für Firmen mit mehr Mitarbeitern
beschließen. Geld sei vorhanden, sagte Schwesig. «Wir haben Vorsorge
getroffen.» Das Land habe Rücklagen für Notfälle wie diesen gebilde
t.
«Wir werden sehen, ob wir damit klarkommen. Wir werden das Geld zur
Verfügung stellen, das nötig ist.»

Die Restaurants wurden in Mecklenburg-Vorpommern bereits am
Samstagabend geschlossen. Ihnen ist lediglich ein Lieferdienst
gestattet. Das wollen auch einige ausprobieren, darunter das
Vier-Sterne-Hotel «Warnemünder Hof» in Rostock-Warnemünde.
Geschäftsführer Frank Martens will sein Angebot im Internet
veröffentlichen und am Montag Flyer in der Umgebung des Hotels
verteilen. «Wir müssen Liquidität bekommen», sagte er.

Die Durchsetzung der Verbote beschäftigt die Behörden schon jetzt
stark. Die Polizei kontrollierte seit Freitag rund 6000 Fahrzeuge, um
auswärtige Touristen von Reisen in den Nordosten abzuhalten und noch
im Land befindliche Urlauber nach Hause zu schicken. Mehr als 700
Autos wurden zurückgewiesen, wie das Innenministerium mitteilte. Zehn
Kontrollstellen waren eingerichtet worden. Außerdem fuhr die Polizei
mit Lautsprecherwagen durch Ferienorte und forderte die letzten noch
verbliebenen Feriengäste aus anderen Bundesländern auf, nach Hause zu
fahren.

Kommunale Ordnungsämter kontrollierten am Sonntag, ob die Schließung
der Restaurants auch vollzogen wird. Das Neubrandenburger Ordnungsamt
meldete am Nachmittag, dass sich der überwiegende Teil der Betreiber
an die Vorgaben halte. Bei 80 kontrollierten Einrichtungen habe das
Ordnungsamt fünf Ermahnungen ausgesprochen. Von Anzeigen habe man
zunächst abgesehen. «Die Maßgaben wurden daraufhin unverzüglich
umgesetzt», hieß es. Das Amt kündigte weitere Kontrollen in der
kommenden Woche an.

Der wirtschaftliche Druck auf das Gastgewerbe wächst mit jedem
Tag. Die Tourismuswirtschaft drückt bei den angekündigten
Staatshilfen für die schwer getroffene Branche aufs Tempo. Die Banken
wüssten noch nicht, wie die Auszahlung funktionieren solle, sagte
Frank Martens als Vorsitzender des Tourismusvereins Rostock und
Warnemünde. «Geld fließt noch nicht.» Die Zeit dränge. Die
Liquiditätsreserven besonders der kleinen und mittleren Betriebe
seien unter den aktuellen, dramatischen Umständen ganz schnell
aufgebraucht. Vielen dürfte aus seiner Sicht auch nicht mit
Kreditbürgschaften und Überbrückungskrediten geholfen sein. Sie
benötigten nicht rückzahlbare Zuschüsse.

Mit den noch weiter verschärften Maßnahmen gegen die Corona-Epidemie
wächst auch der psychische und soziale Druck, befürchten
Hilfsorganisationen wie der Kinderschutzbund Mecklenburg-Vorpommern.
Landesgeschäftsführer Carsten Spies sieht Spannungen auf viele
Familien zukommen. Ab Montag bietet die Organisation deshalb ein
«Elternstresstelefon» an. Unter der Nummer 0385 4791570 stünden von
montags bis freitags zwischen 14.00 Uhr und 17.00 Uhr Telefonberater
für Eltern bereit, die aufgrund der Schutzmaßnahmen mit familiären
Belastungssituationen fertig werden müssten.

Die Zahl der gemeldeten Infektionen mit dem Coronavirus ist am
Wochenende in Mecklenburg-Vorpommern nur leicht von 167 am Freitag
auf 187 am Sonntagnachmittag gestiegen. Das sei aber kein Grund zum
Aufatmen, hieß es aus dem Landesamt für Gesundheit und Soziales in
Rostock. Viele Testzentren im Nordosten seien am Wochenende
geschlossen - es wird also schlicht weniger getestet.

Von Freitag zu Samstag war die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen in
Mecklenburg-Vorpommern um 15 auf 182 gestiegen. Bis Sonntagnachmittag
kamen noch einmal 5 hinzu. Weiter hieß es, dass 10 Patienten im
Krankenhaus behandelt werden.

Am stärksten betroffen ist den veröffentlichten Zahlen vom Sonntag
zufolge die Landeshauptstadt Schwerin mit 38 Fällen, gefolgt vom
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte mit 28 Fällen und der
Hansestadt Rostock mit 27 Fällen.

Zur Abfederung sozialer Härten infolge der Corona-Krise kündigte das
Rostocker kommunale Wohnungsunternehmen Wiro an, Mietern im
Einzelfall die Miete zu stunden. Es gehe dabei um akute Notfälle,
teilte der Geschäftsführer der größten Vermieterin der Hansestadt,

Ralf Zimlich, mit. Einen pauschalen Verzicht könne es nicht geben.

IT-Sicherheitsexperten der Landesverwaltung warnten vor einer
zunehmenden Bedrohung durch Hacker in der Corona-Krise. Diese nutzten
offenbar die deutlich gestiegene Nutzung von Homeoffice mit
Verbindungen über öffentliche Telefon- und Datenleitungen zu
Firmenservern, um die Systeme in Unternehmen und Verwaltungen
anzugreifen, warnte Digitalisierungsminister Christian Pegel (SPD) am
Sonntag. So habe sich die Zahl der eingehenden E-Mails auf den
Servern der Landesverwaltung binnen einer Woche verdoppelt. Die
IT-Sicherheitssysteme würden 95 Prozent davon als Spam oder als
potenziell schädlich herausfiltern. Pegel äußerte die Befürchtung,

dass dies nicht nur die Computer des Landes, sondern auch die
IT-Systeme vieler Unternehmen betreffe. Er appellierte an die
Wirtschaft, in der aktuellen Ausnahmesituation die IT-Sicherheit
nicht zu vernachlässigen.