Corona-Krise: Hessen steht umfassendes Kontaktverbot bevor

Hessen will den Kontakt zwischen Menschen auf ein Mindestmaß
reduzieren. Damit soll die Verbreitung des Coronavirus verlangsamt
werden. Auch Friseure müssen schließen.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Hessen hat im Kampf gegen die Corona-Krise ein
weitgehendes Kontaktverbot angekündigt. Menschen dürften nur noch
allein oder zu zweit unterwegs sein, teilte die Staatskanzlei mit.
Ausnahmen gibt es für Familien und häusliche Gemeinschaften, sagte
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Sonntag in Wiesbaden. In
einer Sondersitzung beschloss das Kabinett am Abend die sofortige
Umsetzung der Maßnahmen.

Das Coronavirus breitet sich in Hessen weiter aus. Bis zum frühen
Sonntagnachmittag (Stand: 14.00 Uhr) hatten sich 1267 Menschen mit
dem Erreger Sars-CoV-2 infiziert. Das waren 101 bestätigte Fälle mehr
als am Tag zuvor. Nach Angaben des Sozialministeriums starben bislang
drei Menschen an den Folgen einer Infektion.

DAS KONTAKTVERBOT

Im öffentlichen Raum darf man sich nach den künftigen verschärften
Regeln nur noch maximal zu zweit bewegen. Dies sei dafür gedacht,
dass Alleinstehende und Hilfsbedürftige eine weitere Person mitnehmen
können, teilte die Staatskanzlei mit. Die Vorgaben für Familien und
Hausgemeinschaften seien lockerer, da beim Zusammenleben ohnehin
Infektionen möglich seien, «die man kaum wird verhindern können»,
erklärte Bouffier. Bislang waren Gruppen von bis zu fünf Menschen
erlaubt.

KEIN FRISEURBESUCH MEHR

Bund und Länder haben nach den Worten von Bouffier vereinbart, dass
Dienstleistungen im Bereich der Körperpflege eingeschränkt werden.
Das gelte insbesondere für Friseure, Massagesalons, Tattoostudios und
ähnliches. Sie müssen ihre Läden schließen. «Die medizinisch
notwendigen Behandlungen bleiben möglich», betonte der
Ministerpräsident. Dazu zählten etwa medizinische Fußpflege und
Physiotherapien.

CORONA-VERDACHT IM ICE

Ein ICE der Deutschen Bahn hat am Sonntag seine Fahrt in Gelnhausen
im Südosten von Hessen außerplanmäßig unterbrechen müssen, da ein

Reisender an Bord des Zuges möglicherweise mit dem Coronavirus
infiziert ist. Ein Sprecher der Bundespolizei sagte, am frühen
Nachmittag sei gemeldet worden, dass ein französischer Staatsbürger
in einem Sechser-Abteil zu verstehen gegeben habe, er sei mit dem
Virus infiziert. Der mit Handschuhen und Mundschutz versehene Mann
habe eine Bescheinigung aus Hamburg über einen Test auf das
Coronavirus und die Empfehlung häuslicher Quarantäne bei sich gehabt.

KAMPF GEGEN HAMSTERKÄUFE

Mehrere hessische Kommunen sagen Hamsterkäufen den Kampf an. Von
Montag an dürfen Waren nur noch in haushaltsüblicher Menge an die
Kunden abgegeben werden, wie der Hanauer Oberbürgermeister Claus
Kaminsky (SPD) mitteilte. «90 Prozent der Menschen sind vernünftig,
aber der kleine Teil der Unvernünftigen gefährdet zunehmend die
Versorgungslage», erläuterte der Rathauschef. Hanau orientiere sich
dabei am Landkreis Marburg-Biedenkopf, der eine entsprechende
Regelung bereits auf den Weg gebracht hat.

KONTROLLEN

Der Appell von Politik und Polizei zur Einhaltung der Corona-Regeln
hat zunächst die erhoffte Wirkung erzielt. Nach Angaben der
Polizeipräsidien wurden in der Nacht zum Sonntag nur gelegentliche
Verstöße registriert, die Menschen hätten sich überwiegend an die
Vorgaben der Behörden gehalten. Nur vereinzelt, wie in Kassel oder
Darmstadt, seien einige Unbelehrbare von den Beamten in größeren
Gruppen angetroffen worden.

KEINE BESUCHE BEI KRANKEN

Für die Wiesbadener Kliniken gilt von Montag (23. März) an wegen des
Coronavirus ein generelles Besuchsverbot. Das teilte die Leiterin des
Gesundheitsamtes, Kaschlin Butt, mit. Da mit steigenden
Infektionszahlen die Ansteckungsgefahr deutlich zunehme, sei es
erforderlich, diesen hoch sensiblen Bereich zusätzlich zu schützen.
«Von den Besucherinnen und Besuchern, die mittlerweile auch unerkannt
mit Sars-CoV-2 infiziert sein könnten, geht eine zu vermeidende
Gefahr aus», erläuterte Butt.

CORONAVIRUS BEI DER EINTRACHT

Den beiden mit dem Coronavirus infizierten Fußballprofis von
Eintracht Frankfurt geht es den Umständen entsprechend gut. «Es
zeigen sich die typischen Symptome, aber es handelt sich um keinen
kritischen Zustand», sagte Fredi Bobic, Sportvorstand des
Bundesligisten, in einem auf der Vereinshomepage veröffentlichten
Interview. «Bald liegen uns auch die restlichen Testergebnisse vor.»
Deshalb könne es sein, dass noch der «eine oder andere Spieler» dazu

komme.

CORONA UND WELTALL

Die Corona-Krise macht vor der europäischen Raumfahrt nicht Halt. Die
Missionskontrolle Esa in Darmstadt, von der aus 21 Raumfahrzeuge
gesteuert werden, arbeitet nur noch mit einer Rumpfmannschaft vor
Ort. Im Moment seien rund 40 bis 50 der insgesamt 900 Mitarbeiter in
der Zentrale in Darmstadt, sagte der Leiter des Esa-Missionsbetriebs,
Paolo Ferri, der Deutschen Presse-Agentur. Die Mitarbeiter vor Ort
würden derzeit in Schichten arbeiten und sich nicht sehen. Vom
Homeoffice aus würden andere Kollegen logistisch den Betrieb der
derzeit 21 von Darmstadt aus kontrollierten Raumfahrzeuge begleiten.