Bund und Länder bessern Klinik-Nothilfen nach

Zusätzliche Milliarden sollen an die Kliniken fließen. Ärzten und
Pflegeheimen will der Bund helfen. Beim Seuchenschutz will er
durchgreifen. Doch die Pläne des Gesundheitsministers sind teils
umstritten.

Berlin (dpa) - Nach heftiger Kritik der Krankenhäuser bessern Bund
und Länder das geplante Milliardenpaket für die Kliniken in der
Corona-Krise nach. Der Bund soll zudem erweiterte Befugnisse beim
Seuchenschutz bekommen. Das Recht von Gesundheitsbehörden zur
Handyortung soll anders als ursprünglich geplant zunächst nicht
dazugehören. Mit anderen umfangreichen Hilfs- und Rettungsgesetzen
sollen auch zwei entsprechende Entwürfe von Gesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) an diesem Montag das Kabinett passieren.

KLINIKEN: Die Einrichtungen sollen für jedes Bett, das wegen der
Verschiebung planbarer Behandlungen erst einmal frei bleibt, 560 Euro
pro Tag erhalten, wie es am Sonntag in Regierungskreisen hieß.
Ursprünglich waren 410 bis 540 Euro je nach Klinikgröße geplant
gewesen. Für jede neue intensivmedizinische Einheit mit
Beatmungsmaschine sollen die Kliniken 50 000 statt wie zunächst
geplant 30 000 Euro erhalten. Befristet für acht Wochen soll ein
Zuschlag je Patient in Höhe von 50 Euro gezahlt werden.

Ausgesetzt wird eine Verordnung zu Untergrenzen beim Pflegepersonal.
Reha-Einrichtungen sollen auch Nicht-Corona-Patienten zur
akutstationären Krankenhausversorgung aufnehmen können. Die
jeweiligen Summen sollen je nach Entwicklung kurzfristig angepasst
werden können.

DISKUSSION UM KLINIKHILFEN: Klinikkonzerne und -verbände hatten
ursprüngliche Pläne als gebrochene Versprechen kritisiert. Die
Kliniken sehen sich in der Krise mit dem Rücken zur Wand. Spahn hatte
dann mit den Gesundheitsministern der Länder die Änderungen
vereinbart.

ÄRZTE: Honorareinbußen der niedergelassenen Ärzte sollen abgefedert
werden. Der überwiegende Teil der Verdachts- und Erkrankungsfälle
müsse im ambulanten Bereich versorgt werden, so der Entwurf. Die
Kassenärztlichen Vereinigungen sollten Ärzten die zusätzlichen Kosten

erstatten. Andere Ärzte, zu denen nun weniger Patienten gingen,
sollten vor zu hohen Honorarminderungen geschützt werden.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen,
sagte, Spahn habe schnell reagiert. Die Maßnahmen müssten nun auch in
die Tat umgesetzt werden. «Ich erwarte, dass dies
Bundesfinanzminister Olaf Scholz genauso sieht», sagte Gassen. «In
diesen Zeiten müssen wir uns alle auf das Wort der Politik verlassen
können.»

PFLEGEKRÄFTE: Pflegeeinrichtungen sollen befristet von Bürokratie
entlastet und finanziell unterstützt werden. Persönliche Kontakte von
Prüfern, Gutachtern und Mitarbeitern von Pflegekassen mit
Pflegebedürftigen sollen soweit wie möglich vermieden werden. Die
Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Bund und Länder auf,
«überzeugende Maßnahmen» zum Schutz von Pflegebedürftigen gegen d
as
Coronavirus einzuleiten.

INFEKTIONSSCHUTZGESETZ: Für Diskussionen sorgt auch eine geplante
Novelle des Infektionsschutzgesetzes. Der Bund soll weitgehende
Kompetenzen im Epidemiefall von den Ländern bekommen. Das
Bundesgesundheitsministerium soll Schritte zur Sicherstellung der
Versorgung mit Arzneimitteln gehen können. Einreisende sollen
gesetzlich verpflichtet werden können, über ihre Reiseroute und ihren
Gesundheitszustand Auskunft zu geben.

Den Plan, den zuständigen Gesundheitsbehörden die Befugnis
einzuräumen, Kontaktpersonen von Erkrankten anhand von
Handy-Standortdaten zu ermitteln, wollte Spahn zunächst fallen
lassen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen.
Zunächst berichtete das «Handelsblatt» darüber. Dadurch sollte ihre

Bewegung verfolgt werden können, so dass sie im Verdachtsfall
kontaktierbar sind. Etwa SPD-Politiker und Datenschützer sahen diesen
Passus laut «Handelsblatt» äußerst kritisch.

VOLUMEN UND STIMMEN: Das Hilfspaket für Kliniken, Ärzte und Pfleger
des Bundes sollte zunächst rund 3,3 Milliarden Euro umfassen.
Zusammen mit Mitteln der Kranken- und Pflegekassen sollten dem
ursprünglichen Entwurf zufolge 7,8 Milliarden Euro fließen. Stefanie
Stoff-Ahnis vom Vorstand des GKV-Spitzenverbandes versicherte: «Die
gesetzliche Krankenversicherung ist eine starke Solidargemeinschaft
und steht dafür ein, dass die Kliniken die Finanzmittel bekommen, die
sie für die Behandlung der Corona-Patienten brauchen.»
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte, Schutzkleidung und
Desinfektionsmittel seien in vielen Kliniken noch nicht angekommen.
«Deshalb muss die Bundesregierung unverzüglich veranlassen, dass die
Wirtschaft in Deutschland sofort die Produktion von Mundschutzen,
Ganzkörper-Schutzanzügen und Desinfektionsmitteln im großen Stil
aufnimmt.»