Experten bewerten mögliche Ausgangssperren unterschiedlich

Berlin (dpa) - Ausgangssperren als mögliche Maßnahme zur Kontrolle
der Coronavirus-Epidemie in Deutschland bewerten Experten
unterschiedlich. Nach Meinung der Deutschen Gesellschaft für
Krankenhaushygiene (DGKH) sind solche gravierenden Einschnitte
vermeidbar, wenn die bisherigen Regeln des Robert Koch-Instituts
konsequent und mit aller Disziplin eingehalten werden, teilte die
Gesellschaft am Sonntag mit.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina sprach sich am
Samstag vorsichtig für schärfere Maßnahmen aus. «Es deutet sich an,

dass zum jetzigen Zeitpunkt ein deutschlandweiter temporärer Shutdown
(ca. drei Wochen) mit konsequenter räumlicher Distanzierung aus
wissenschaftlicher Sicht empfehlenswert ist», heißt es in einer
Stellungnahme der Akademie. «Dabei müssen notwendige und
gesundheitserhaltende Aktivitäten weiterhin möglich bleiben.»

Leopoldina-Sprecherin Caroline Wichmann ergänzte allerdings auf
Nachfrage, dass mit «Shutdown» eine bundeseinheitliche stringente
Ausgangsbeschränkung bis nach Ostern gemeint sei. Dies würde kein
Arbeitsverbot, kein Einkaufsverbot von Lebensmitteln und auch keine
Unterbindung von Spaziergängen im Familienkreis bedeuten. Ziel sei
die konsequente Nutzung von Homeoffice. «Entscheidend ist auch eine
disziplinierte räumliche Distanzierung von Personen von zwei Metern,
insbesondere, wenn sie nicht in einem Haushalt wohnen.»

Die DGKH plädiert dafür, «unsere ganze Kraft dem Schutz der besonders

gefährdeten Risikogruppen» und des medizinischen Personals in
Kliniken, Alten- und Pflegeheimen zu widmen. Für geeignete Maßnahmen
hält die Gesellschaft in diesem Zusammenhang unter anderem
Besuchssperren und Mitarbeiterkontrollen auf Zeichen einer Infektion
sowie Virustests.

Darüber hinaus solle kein Infizierter mehr im privaten Umfeld in
Quarantäne mit einem Menschen aus den gefährdeten Risikogruppen
zusammenwohnen. Es müssten alternative Quarantäne-Unterkünfte
gefunden werden.

Als Ziel sieht die Gesellschaft angesichts der exponentiellen
Ausbreitung des Virus die konsequente Senkung schwerer Infektionen
und der damit zusammenhängenden Todesfälle.