Weiterer Anstieg bei Corona-Infektionen in NRW - Innenstädte leer

Greifen die Maßnahmen der Politik, um die Ausbreitung des Coronavirus
einzudämmen? Am Samstag sah es so aus. Die Innenstädte waren gähnend

leer. Auf die aktuellen Zahlen hat das allerdings noch keine
Auswirkungen.

Düsseldorf (dpa/lnw) - In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der
bestätigten Coronavirus-Infektionen erneut deutlich gestiegen. Nach
Angaben des Gesundheitsministeriums von Samstag (Stand 11.30 Uhr) gab
es in NRW 6740 nachgewiesene Fälle. Das ist im bevölkerungsreichsten
Bundesland ein Zuwachs von mehr als 1000 im Vergleich zum Vortag. Die
Zahl der erfassten Todesfälle in NRW stieg um 6 auf 23.

Weiterhin meldet der Kreis Heinsberg die meisten Infektionen: Die
Zahl erhöhte sich innerhalb von 24 Stunden leicht von 874 auf jetzt
916. In Köln, der größten Stadt in NRW, gab es 629 Fälle, am Vortag

waren es 521.

Während in Nordrhein-Westfalen am Wochenende landesweit noch keine
verschärfte Ausgangsbeschränkung gilt, haben Städte wie Köln,
Dortmund, Gelsenkirchen, Leverkusen und Bochum bereits härtere Regeln
aufgestellt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verzögern. In den
betroffenen Kommunen sind Ansammlungen von zum Teil nur mehr als zwei
Personen unter freiem Himmel verboten. Ausnahmen sind Familien und
Personen, die zusammenleben. Sie dürften sich weiterhin gemeinsam im
Freien aufhalten.

Die Maßnahmen scheinen von der Bevölkerung größtenteils akzeptiert
zu
werden. dpa-Reporter berichteten von gähnender Leere, wo es sonst am
Samstagmorgen recht trubelig zugeht und kaum ein Parkplatz zu
bekommen ist. In der Essener Innenstadt waren nur wenige Menschen zu
sehen, einzeln oder zu zweit. Ein Polizist in einem Streifenwagen
sagte: «Es ist sehr, sehr ruhig.» Verkäuferinnen im Einzelhandel
berichten von zum Teil massiven Einbruch beim Umsatz.

Mit scharfer Kritik hat NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP)
auf die nicht abgestimmten Entscheidungen in der Corona-Krise
reagiert. «Wir haben uns verständigt mit 15 anderen Bundesländern,
einschließlich Bayern, dass wir hier gemeinsam einen Weg gehen. Jetzt
ist Bayern vorzeitig ausgeschert, wir wollten uns ja noch das
Wochenende anschauen, den Samstag, und dann am Sonntag entscheiden,
wie es weitergeht», sagte Gebauer. «Ich finde auch, wenn man
Vereinbarungen getroffen hat, sollte man sich daran halten. Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Freitag angekündigt,
dass das Verlassen der eigenen Wohnung ab Samstag nur noch bei
Vorliegen triftiger Gründe erlaubt sei.

Angesichts des sprunghaften Anstiegs der Coronavirus-Infektionen
richten viele Krankenhäuser in NRW unter Hochdruck
Covid-19-Intensivstationen ein. Bund und Länder hatten als Zielmarke
die Verdoppelung der Intensivbetten ausgegeben. So ist im Allgemeinen
Krankenhaus im niederrheinischen Viersen jetzt die Corona-Station
startklar. Der Aufwachraum des OP-Saals sei binnen zwei Tagen
komplett zu einer Corona-Intensivstation umgebaut worden, sagte
Geschäftsführer Thomas Axer. Die Zahl der Intensivplätze werde in
Viersen von zwölf auf 25 mehr als verdoppelt.

Auch das Marienhospital in Arnsberg im Sauerland hat zusätzliche
Intensivplätze geschaffen und ein ambulantes Diagnostikzentrum für
Corona-Tests geöffnet. Noch herrscht in Arnsberg und Viersen Ruhe vor
dem Sturm. «Aber ich rechne damit, dass das schlagartig kommt», sagte
Axer. Schon in den nächsten Tagen könnten «sehr schnell
behandlungsbedürftige Patienten» kommen.

Eltern mit systemrelevanten Berufen in Nordrhein-Westfalen können
ihre Kinder auch an Wochenenden und in den Osterferien zur
Notbetreuung in die Schule oder Kindertagesstätte schicken. Die
Regelung zur Bewältigung der Corona-Krise gelte ab Montag (23. März),
teilten das Schul- und das Familienministerium am späten Freitagabend
mit.

Mit einem eindringlichen Appell hat Rapper Eko Fresh dazu aufgerufen,
die von den Behörden aufgestellten Regeln zur Eindämmung des
Coronavirus einzuhalten. «Ich bin ungern der Überbringer von
schlechten Neuigkeiten, aber diesmal muss es sein. Freunde, was soll
das, sich trotzdem zu treffen, gerade in dieser Zeit? Was sollen
Grillpartys, Corona-Partys, das ist doch nicht die richtige
Einstellung», sagte der Musiker in einem bei Twitter veröffentlichten
Video. «Wir müssen jetzt aufeinander achtgeben.»

Das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration in
Nordrhein-Westfalen habe ihn um diese Nachricht gebeten, erklärte
Fresh in dem Video. «Bitte haltet Euch an die Regeln, umso schneller
ist das Ganze doch vorbei.» Fresh erinnerte an die Verantwortung die
jeder einzelne jetzt, auch indirekt, habe für Ältere, Menschen mit
Vorerkrankung oder Behinderte. «Reißt Euch zusammen, Freunde.»