Politik diskutiert über Ausgangsbeschränkungen - Hilfen für Mieter

Das Coronavirus verändert den Alltag der Menschen in vielen Ländern
aufs Schärfste, auch in Deutschland. Doch vielleicht reicht es noch
nicht: Merkel und die Länderchefs prüfen noch größere Beschränk
ungen.

Berlin (dpa) - Die Maßnahmen gegen das Coronavirus haben das
öffentliche Leben in Europa am Wochenende massiv eingeschränkt.
Gleichzeitig kommen immer mehr Regelungen, die verhindern sollen,
dass die Krise zu viele Bürgerinnen und Bürger in finanzielle Not
bringt. In Deutschland sind bislang mehr als 21 600 Infektionen mit
dem neuen Coronavirus bekannt. Das geht aus einer Auswertung der
Deutschen Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der
Bundesländer berücksichtigt. Die Lage in der Corona-Pandemie auf
einen Blick:

AUSGANGSBESCHRÄNKUNGEN: Viele Bundesländer haben ihre Bestimmungen
verschärft. In Bayern, wo das Verlassen der eigenen Wohnung nur noch
mit triftigem Grund erlaubt ist, hielten sich die Menschen zunächst
weitgehend an die neuen Bestimmungen, wie Landesinnenminister Joachim
Herrmann (CSU) dem Bayerischen Rundfunk sagte. «Es hat da und dort
noch ein paar Gruppen von Jugendlichen gegeben, die da irgendwo in
der Öffentlichkeit kleinere Partys durchgeführt haben.»

Sport und Spaziergänge an der frischen Luft bleiben weiter erlaubt,
wenn auch in der Regel alleine. In Bayern, Rheinland-Pfalz,
Niedersachsen, Hamburg und Hessen sind seit Mitternacht Restaurants,
Biergärten und Cafés für Gäste geschlossen. Außer-Haus-Lieferunge
n
und Take-away-Angebote sind weiter erlaubt.

ENTSCHEIDENDES WOCHENENDE: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will
an diesem Sonntag mit den Ministerpräsidenten der Länder über weitere

Anti-Corona-Maßnahmen beraten. Dabei stehen auch Ausgangssperren im
Raum. Aus Sicht der Behörden kommen viele Bundesbürger den Aufrufen,
Abstand zu halten, noch nicht ausreichend nach. Kanzleramtschef Helge
Braun (CDU) hatte den Samstag als wichtigen Tag bei der Entscheidung
über mögliche Ausgangssperren bezeichnet.

GRENZEN: An den Grenzübergängen zwischen Deutschland und seinen
Nachbarländern hat sich die Lage am Samstag vielerorts entspannt.
Auch europaweit verbesserte sich die Situation. «An einigen Grenzen
gibt es aber immer noch Probleme», sagte EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen. Sie warnte, dass Lastwagen mit wichtiger und
verderblicher Fracht feststecken könnten. Wegen der Corona-Krise
hatten viele Länder der Schengenzone in den vergangenen Tagen die
eigentlich längst abgeschafften Kontrollen wieder eingeführt.

REISEN: Sind in viele Ländern weiterhin eingeschränkt, weil dort
Ausgangssperren gelten. So wies die Polizei in Belgien nach eigenen
Angaben Hunderte Reisende zurück, weil sie deren Fahrten als nicht
notwendig ansah. Internationale Fernzüge von und nach Deutschland
sind nach Angaben der Deutschen Bahn weitgehend eingestellt. Das galt
am Samstag für Verbindungen von und nach Polen, Tschechien,
Österreich, Italien, die Schweiz, Frankreich, Belgien, die
Niederlande und Dänemark sowie etliche Nachtzüge.  

BUNDESHAUSHALT: Zur Linderung der Folgen der Corona-Pandemie plant
die Bundesregierung einen Nachtragshaushalt von 150 Milliarden Euro
für 2020, wie Finanzminister Olaf Scholz (SPD) der «Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung» sagte. «Deshalb werden wir zeitweilig
die Grenze der Schuldenbremse überschreiten müssen.»

MIETER UND SCHULDNER: Mietern soll wegen Mietschulden in der
Corona-Krise nicht gekündigt werden dürfen. Gelten soll dies für
Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2020.
Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibe aber im
Grundsatz bestehen. Auch weiteren Schuldnern, die vertragliche
Pflichten nicht erfüllen können, sollen keine Folgen drohen. Darlehen
sollen gestundet werden.

KURZARBEITERGELD UND ELTERN: Unternehmen sollen Beschäftigte leichter
in Kurzarbeit schicken können und erhalten dann die Sozialbeiträge
voll erstattet. Für Beschäftigte bedeutet dies: Sie bekommen 60
Prozent des Lohns, mit Kindern 67 Prozent. Wenn Beschäftigte Kinder
daheim betreuen müssen und der Lohn ausfällt, soll es Hilfen geben.
Familien mit kleinen Einkommen sollen leichteren Zugang zum
Kinderzuschlag bekommen.

GESUNDHEITSWESEN: Hilfen für Deutschlands Krankenhäuser im Umfang von
zunächst drei Milliarden Euro sollen auf den Weg gebracht werden.

HILFEN FÜR UNTERNEHMEN: Kleinunternehmen, Soloselbstständige und
Angehörige der Freien Berufe sollen eine Einmalzahlung von 9000 Euro
für drei Monate bei bis zu fünf Beschäftigten bekommen - bis zu
15 000 Euro bei bis zu zehn Beschäftigten. Beraten wurde am Samstag
noch über die genaue Ausgestaltung eines Rettungsfonds für
Unternehmen. Er soll ein dreistelliges Milliardenvolumen haben.

HARTZ IV: Die Vermögensprüfung und die Prüfung der Wohnungsgröß
e bei
Hartz-IV-Anträgen soll für ein halbes Jahr entfallen, wie
Arbeitsminister Hubertus Heil der «Bild am Sonntag» sagte.

SOLIDARITÄT: Die Universitätskliniken in Freiburg, Heidelberg,
Mannheim und Ulm wollen französische Coronavirus-Patienten aus dem
benachbarten Elsass aufnehmen, die dringend auf Beatmung angewiesen
sind. Darauf hätten sich die Häuser gemeinsam verständigt, teilte das

baden-württembergische Wissenschaftsministerium am Samstag mit.

HAMSTERN: Die Getränkebranche appelliert an ihre Kunden, Getränke
nicht massenweise in Kellern und Kammern zu lagern. Es müsse
ausreichend Leergut in den Kreislauf des Mehrwegsystems zurückkommen,
sagt Julian Schwarzat vom Bundesverband des Deutschen
Getränkefachgroßhandels (GFGH). Angespannt sei die Lage vor allem
beim Mineralwasser.

SCHÜLER: Deutschlands Schülervertreter haben die junge Generation
aufgerufen, in Zeiten der Corona-Pandemie verantwortungsvoll zu
handeln. «Wir schauen besorgt auf das Verhalten einzelner
Mitschüler», erklärte die Bundesschülerkonferenz (BSK). Es komme
jetzt auch besonders auf die Jugendlichen an. «Wir müssen jetzt alle
an einem Strang ziehen. Lasst uns als junge Generation Vorbild sein.»