Streit um Milliardenhilfe für Kliniken

Was brauchen die Kliniken in der Coronavirus-Krise? Der
Gesundheitsminister wollte rund drei Milliarden Euro zusätzlich geben
- und löste einen Proteststurm bei den Krankenhäusern aus.

Berlin (dpa) - Geplante Milliardenhilfen für Krankenhäuser in der
Coronavirus-Pandemie haben heftigen Protest der Kliniken ausgelöst.
Ab Samstagabend kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) Nachbesserungen an. Das Hilfspaket für Kliniken, Ärzte und
Pfleger des Bundes sollte in diesem Jahr zunächst rund 3,3 Milliarden
Euro umfassen.

Außerdem will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der
kommenden Woche schärfere Regel beim Infektionsschutz durchs
Bundeskabinett sowie Bundesrat und Bundestag bringen. Die Entwürfe
liegen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. Die «Bild am
Sonntag» und die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» berichteten zuerst

darüber.

KRANKENHÄUSER

Ausgeglichen werden sollen Einnahmeeinbußen für Krankenhäuser, weil
sie Intensivbetten für Coronavirus-Patienten frei machen. Die
Ausfälle durch Verschiebung oder Aussetzung planbarer Aufnahmen,
Eingriffe oder Operationen sollen durch einen Pauschalbeträge
ausgeglichen werden. Bundesgesundheitsminister Spahn sagte der «Bild
am Sonntag»: «Rückwirkend ab letztem Montag gibt es erstmals Geld f
ür
leere Betten.» Für zusätzliche Intensivbetten sollen festgelegte
Schwerpunktkliniken einen Bonus bekommen. Die Länder sollen Vorsorge-
und Rehaeinrichtungen für die akutstationäre Behandlung Infizierter
bestimmen können.

WIRBEL UM DIE KLINIKHILFEN

Nach massiver Kritik kündigte Spahn am Abend Änderungen an. In einer
Schalte mit den Gesundheitsministern der Länder seien einmütig
Änderungen vereinbart worden, twitterte der CDU-Politiker. Details
nannte er nicht. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte
kritisiert, Spahn breche das Versprechen der Kanzlerin zu einem
umfassenden Schutzschirm für die Krankenhäuser. Diese würden im Stich

gelassen. Kein Euro solle für die hohen Mehrkosten für
Schutzausrüstung fließen, so DKG-Präsident Gerald Gaß. «Die
finanziellen Hilfen zur Schaffung der (...) zusätzlichen
Intensivplätze sind viel zu niedrig angesetzt.» Auch andere, wie der
Katholische Krankenhausverband, forderten Nachbesserungen. Stefanie
Stoff-Ahnis vom Vorstand des GKV-Spitzenverbandes versicherte: «Die
gesetzliche Krankenversicherung ist eine starke Solidargemeinschaft
und steht dafür ein, dass die Kliniken die Finanzmittel bekommen, die
sie für die Behandlung der Corona-Patienten brauchen.»

ÄRZTE

Honorareinbußen der niedergelassenen Ärzte sollen abgefedert werden.
Der überwiegende Teil der Verdachts- und Erkrankungsfälle müsse im
ambulanten Bereich versorgt werden, so der Entwurf. Die
Kassenärztlichen Vereinigungen sollten Ärzten die zusätzlichen Kosten

erstatten. Anderen Ärzten wie etwa in der Augenheilkunde, zu denen
nun weniger Patienten gingen, sollten vor zu hohen Honorarminderungen
geschützt werden.

PFLEGEKRÄFTE

Pflegeeinrichtungen sollen befristet von Bürokratie entlastet und
ebenfalls finanziell unterstützt werden. Persönliche Kontakte von
Prüfern, Gutachtern und Mitarbeitern von Pflegekassen mit
Pflegebedürftigen sollen soweit wie möglich vermieden werden. Die
Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Bund und Länder auf,
«überzeugende Maßnahmen» zum Schutz von Pflegebedürftigen gegen d
as
Coronavirus einzuleiten. Stiftungsvorstand Eugen Brysch sagte der
Deutschen Presse-Agentur: «Es ist unverantwortlich, dass der
Notfallplan zum Schutz der 800 000 Pflegebedürftigen und 764 000
Beschäftigten aus dem Jahr 2013 immer noch nicht angepasst wurde.»

INFEKTIONSSCHUTZGESETZ

Diejenigen, die noch nach Deutschland einreisen dürfen oder aus
Risikogebieten eingereist sind, sollen gesetzlich verpflichtet werden
können, über ihre Reiseroute und ihren Gesundheitszustand Auskunft zu
geben oder bestimmte «Maßnahmen zu dulden». Den zuständigen
Gesundheitsbehörden soll bei einer «epidemischen Lage von nationaler
Tragweite» wie im aktuellen Fall die Befugnis eingeräumt werden,
Kontaktpersonen von Erkrankten anhand von Handy-Standortdaten zu
ermitteln, dadurch ihre Bewegung zu verfolgen und sie im
Verdachtsfall zu kontaktieren.

Anordnen können soll das Bundesgesundheitsministerium auch Maßnahmen
zur Sicherstellung der Grundversorgung mit Arzneimitteln - etwa wenn
bestimmte Medikamente bevorratet werden müssen. Zudem sollen
medizinische Fachleute für die Gesundheitsversorgung abgestellt
werden können, etwa wenn es in Krankenhäusern zu Personalengpässen
kommt.