Mehr Abstand - viele Berliner reagieren auf Corona-Pandemie

In vielen Berliner Supermärkten ist der befürchtete Ansturm von
Hamsterkäufern am Samstagvormittag ausgeblieben. Auch die Straßen
sind leerer. Lernt die Hauptstadt dazu?

Berlin (dpa/bb) - Ein leerer Kudamm, kein Gedränge auf den beliebten
Wochenmärkten und Disziplin in vielen Supermärkten: Immer mehr
Berliner reagieren auf die Corona-Pandemie inzwischen so, wie
Wissenschaftler sich das wünschen: mit Abstand. In der Nacht habe es
auch deutlich weniger Anzeigen wegen Verstößen gegen die
Corona-Auflagen gegeben als in der Nacht zuvor - 26 statt 90, hieß es
von der Polizei.

Am Landwehrkanal und im Görlitzer Park sind am frühen
Samstagnachmittag zwar recht viele Spaziergänger im Sonnenschein
unterwegs - aber oft alleine oder maximal zu zweit. Auch Hamsterkäufe
scheinen weniger gemacht zu werden: In vielen Berliner Stadtteilen
sind Schlangen vor geöffneten Supermärkten bis zum Mittag Ausnahmen
geblieben.

Bei vielen Lebensmittelketten in Prenzlauer Berg, Schöneberg und
Steglitz gab es keine Einlassbeschränkungen. Das Sicherheitspersonal
hielt sich im Hintergrund. In Alt-Treptow hielten wartende Kunden vor
einem Supermarkt diszipliniert Abstand. Leergeräumt waren in
Friedenau neben den Regalen mit Hygieneartikeln und Nudeln nun aber
häufiger auch die Stellflächen für Chips und anderes Salzgebäck -
vielleicht als Rüstzeug für den Fernsehabend auf dem Sofa. Nur vor
vielen Berliner Bäckereien warteten Kunden länger, oft aber auch in
gebührender Entfernung voneinander.

In Wilmersdorf ächzte ein Gemüse- und Obsthändler in seinem Laden
unter deutlich mehr Kundschaft als sonst. «Die Leute können ja nicht
mehr ins Restaurant gehen», sagt er. Er habe nun ausgerechnet, wie
man anderthalb Meter Abstand schätzt: Zwei ausgestreckte Arme. In
vielen Supermärkten laufen Durchsagen vom Band. Kunden werden
gebeten, zwei Meter Abstand voneinander zu halten und möglichst per
Karte zu bezahlen. An Kassen fordern Aufkleber auf dem Boden zum
Abstandhalten auf.

Nach den Berechnungen des Handelsverbands Berlin-Brandenburg
übersteigt die Nachfrage in den Supermärkten seit der Corona-Krise
deutlich das Volumen des Weihnachtsgeschäfts - inzwischen um fast das
Dreifache. An manchen Kassen komme es noch immer zu
Konfliktsituationen, weil Kunden die Mengenbeschränkungen für
begehrte Artikel nicht einhielten, sagte Hauptgeschäftsführer Nils
Busch-Petersen am Samstag. Die Geschäfte litten weiter unter einem
«irrationalen Abverkauf» von Waren wie Toilettenpapier, Seife,
Drogerieartikeln, Mehl und Pasta.

«Am verkaufsoffenen Sonntag werden sich wahrscheinlich viele Märkte
nicht beteiligen. Das Personal muss auch mal durchatmen», ergänzte
er. «Ich ziehe meinen Hut vor den Mitarbeitern.» Staatliche Vorgaben
zur Begrenzung des Kundenansturms in den Geschäften seien jedoch
nicht nötig, betonte Busch-Petersen. «Es ist klüger, das den Häuser
n
selbst zu überlassen».

Für den Wocheneinkauf sollten Kunden in der Coronazeit grundsätzlich
mehr Ruhe und Geduld mitbringen, sagte Busch-Petersen. «Leute,
entspannt Euch. Wenn es voll ist, kommt später oder kommt am nächsten
Tag früh wieder. Es wird niemand verhungern.»